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Bildungspolitik: Kurzer Sprung beim Bafög

Die Bafög-Erhöhung war überfällig – aber die Reform bleibt unzureichend. Damit auch die untere Mittelschicht ihre Kinder an die Uni schicken kann, ist es unumgänglich, die Elternfreibeträge zu erhöhen.

Am Ende ist Annette Schavan doch selber gesprungen. Für die Bildung, Hand in Hand mit den Ländern. An der Grundsatzeinigung beim Bafög ist abzulesen: Da bewegt sich etwas, zum Glück für die Studierenden und die, die erst noch an die Hochschulen kommen sollen. Einerseits also ist die zweiprozentige Bafög-Erhöhung, die nun wohl rückwirkend zum 1. Oktober kommt, ein Schritt in die richtige Richtung. Andererseits ist sie noch immer zu kurz gesprungen.

Doch zunächst zum langen, quälenden Anlauf auf die überfällige Bafög-Erhöhung. Bildungsrepublik Deutschland, mehr Bildungschancen für sozial Benachteiligte? Im Bund-Länder-Streit um die Mehrkosten schwand der Glaube an diese hehren Politikziele. Noch vor wenigen Tagen hatte die Bundesbildungsministerin von den Ländern verlangt, sie sollten endlich „springen“ – ohne Gegenleistung.

Doch die durch die Kostenbremse und Umsatzsteuereinbußen etwa bei den Hotels gebeutelten Länder bockten vor der Hürde von 160 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich für die Bafög-Erhöhung. Wie schon bei Schavans nationalem Stipendienprogramm solle der Bund die Mehrkosten zu hundert Prozent übernehmen.

Jetzt zeigt sich: Schavan hat sich offenbar nur nach außen hin vehement gegen dieses Ansinnen gewehrt – und im Hintergrund an einem Kompromiss gearbeitet. Bei den 300-Euro-Beihilfen für besonders begabte Studierende, die Schavan eine Herzensangelegenheit sind, griff sie direkt in die Bundeskasse, zahlt sie den gesamten staatlichen Anteil, damit die Länder mitmachen. Um die als sozial unausgewogen gescholtene Elitenförderung, bei der die Wirtschaft mitzahlt und mitredet, zu legitimieren, brauchte Schavan jedoch einen Erfolg auch beim Bafög.

Dafür tüftelte sie jetzt eine Umwegfinanzierung aus, bei der die Länder noch prüfen, ob sie tatsächlich für alle ein guter Deal ist: Der Bund schießt den Universitäten schrittweise zwanzig Prozent seiner Forschungsförderung zu – für Verwaltung und Grundausstattung der Vorhaben. Damit öffnet Schavan zum dritten Mal in kurzer Folge ihre Schatulle, um gefährdete Projekte zu retten: Bevor sie Bundesgeld für die Stipendien versprach, sicherte sie der Universität Lübeck das Überleben, indem sie Schleswig-Holstein seinen Anteil für die Finanzierung des Meeresforschungsinstituts Geomar abnahm. Warum beim Bafög nicht auch gleich so, warum so lange taktieren?

Denn von vornherein war für beide Seiten klar: Um die soziale Schieflage an den Hochschulen auszugleichen, ist es undenkbar, das Bafög nicht zu erhöhen. Damit auch die untere Mittelschicht ihre Kinder an die Uni schicken kann, ist es unumgänglich, die Elternfreibeträge zu erhöhen.

Eine Bafög-Reform, die den Unis breitere Schichten erschließen würde, steht ohnehin noch aus. Für sie werden Bund und Länder womöglich erst dann die Kraft aufbringen, wenn die Zahl der Studenten durch den demografischen Wandel wieder massiv einbricht und es darum gehen wird, alle Reserven zu mobilisieren.

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