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Meinung: Bis zur Auferstehung

Von Alfons Frese

Der Mann des Jahres heißt Wolfgang Clement. Zumindest dann, wenn die Arbeitgeberverbände darüber abstimmen. In den wichtigen wirtschaftspolitischen Themen hat sich der Wirtschaftsminister durchgesetzt – und zwar nicht nur gegen die Gewerkschaften, sondern auch gegen den SPDVorsitzenden Franz Müntefering. Es war Müntefering, der die Forderung der Gewerkschaften nach einer Ausbildungsabgabe und nach einem Mindestlohn aufgriff und in die politische Debatte holte. Mehr aber auch nicht. Vor Monaten bereits hat Clement mit dem Ausbildungspakt die Ausbildungsabgabe verhindert. In diesen Tagen nun wird die Idee des Mindestlohns beerdigt – Wiederauferstehung allerdings nicht ausgeschlossen.

Ein gesetzlicher Mindestlohn, mit dem einige Gewerkschaften gerne den Abwärtstrend bei den Löhnen stoppen wollen, ist aus verschiedenen Gründen nicht wünschenswert. Wer soll die Höhe festlegen? Der Trend zur Schwarzarbeit, also Tätigkeiten unterhalb des Mindestniveaus, würde zunehmen. Eine flächendeckende Kontrolle, ob auch wirklich alle Firmen den Mindestlohn zahlen, ist ohne riesigen bürokratischen Aufwand kaum möglich. Und sind wir nicht gut gefahren mit unserem System der Tarifautonomie, in dem Arbeitgeber und Gewerkschaften die Löhne und Gehälter festlegen und eben nicht der Staat?

Das sind wir. Vor allem in der Metall- und Elektroindustrie und in der Chemie. Gerade diese Branchen lehnen einen Mindestlohn ab, weil sie die Kompetenz für die Höhe der Löhne nicht an den Staat delegieren wollen. Die Dienstleistungsgewerkschaften dagegen wollen die Hilfe des Staates, weil in ihren Bereichen – Gastronomie und Handel zum Beispiel – viele Menschen ohne den Schutz tariflicher Regelungen arbeiten und nicht selten ausgebeutet werden. Und wenn in diesen Bereichen die Löhne sinken, dann wirkt sich das auch auf jene Bereiche aus, in denen noch Tarif bezahlt wird. Das gilt im Übrigen auch für die Wirkungen von Hartz IV: Langzeitarbeitslose müssen künftig auch Jobs annehmen, die bis zu 30 Prozent unter Tarif bezahlt sind; auch das erhöht den Druck auf die Löhne. Wenn das Einkommen aber nicht mehr zum Leben reicht, dann kommt doch noch die Politik ins Spiel. Deshalb liegt der Mindestlohn auf Wiedervorlage für den Tag, an dem die erste Hartz-IV-Bilanz gezogen wird. Vielleicht von Arbeitsminister Clement.

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