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Brandenburg: Ganz unten, so nah

Am Sonntag wählen die Brandenburger ihre Kommunalparlamente. Hier haben sich die Parteien zu bewähren. Nicht in der Bundespolitik, sondern an der Basis einer Demokratie werden Ideen gehärtet und Konzepte erprobt, wie Gemeinwesen zukunftstauglich gemacht werden können.

Politik ganz unten, bloß eine Kommunalwahl – doch sage niemand, es sei ohne Bedeutung, wenn am Sonntag in Brandenburg gewählt wird. Nicht in einem Land, das Berlin umgibt, mit dem die Bundeshauptstadt einst zusammengehen könnte, auch wenn niemand von Fusion sprechen mag, beide Länder aber längst zusammenarbeiten und zusammenwachsen. Dieses Brandenburg steht vor der immensen Aufgabe, die Folgen einer deutlich schrumpfenden Bevölkerung zu bewältigen: Wie gelingt es, eine Infrastruktur, vom Straßenbau bis zur medizinischen Versorgung, aufrechtzuerhalten und zu modernisieren, wenn sich die Ränder entvölkern und Dörfer ohne junge Familien zurückbleiben?

Das ist die Zeit für Kommunalpolitik – hier haben sich die Parteien zu bewähren. Nicht in den Sphären der Bundespolitik, sondern ganz unten, an der Basis einer Demokratie werden Ideen gehärtet und Konzepte erprobt, wie Gemeinwesen zukunftstauglich gemacht werden können. Umgehungsstraßen, Protest gegen Windkraftanlagen und Havelausbau oder die Zukunft der Braunkohle: Das sind die Themen, die bewegen. Nah bei den Menschen eben, darauf kommt es an: Sie ernst nehmen. Brandenburg ist auch das Land, wo ein sozialdemokratischer Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in den nächsten zwölf Monaten zeigen muss, dass er die Menschen in seinem Wahlkreis versteht, die Ostdeutschen.

Bei der letzten Kommunalwahl 2003 war zu spüren, dass es auch um eine Richtungsentscheidung gehen kann. Damals forderte der CDU-Landeschef Jörg Schönbohm eine SPD heraus, die mit den überzogenen Versprechen und Hoffnungen der Ära Stolpe noch nicht aufgeräumt hatte. Heute aber ist die Union in Zwietracht versunken, Schönbohm nur noch ein resignierter Beobachter.

Ernst genommen fühlen sich viele Menschen offenbar nicht. Verdrossenheit ist zu spüren. Da ist Enttäuschung über eine Demokratie dabei, die mit Entscheidungen quälend langsam sein kann. Das gibt rechten Brandstiftern ebenso Raum wie linker Schlagwortpolitik eines Oskar Lafontaine. Mancher Wähler nimmt Anstoß daran, dass die SPD prominente Kandidaten wie Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke für Kreistage oder Gemeinderäte aufstellt, von denen kaum jemand erwartet, dass sie neben ihren Ämtern noch Zeit und Kraft für die Kleinarbeit vor Ort finden werden.

Volkssolidarität, das ist bei der Linken mehr als der Name einer altbackenen Institution. Der Ruf, sich zu kümmern, hilft selbst dort, wo ihr die Mitglieder wegsterben. Die Linke hat die Initiativen für ein Sozialticket und kostenlose Kita-Verpflegung angestoßen – und die SPD zur Unterstützung getrieben.

Nah bei den Menschen; das ist das Große im Kleinen. Das zueinander zu bringen, daran werden die Parteien gemessen. Nicht nur am Sonntag bei der Auszählung.

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