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Brandenburgs Vergangenheit: Lautes Schweigen im Fall Stolpe

Manfred Stolpe mag Brandenburg und den nicht sehr konfliktfreudigen Brandenburgern einiges gegeben haben, eine Art Identität zum Beispiel – den demokratischen Neubeginn hat er erschwert.

Das nennt man nachholende Vergangenheitsbewältigung: Manfred Stolpe hätte damals, in den frühen 90er Jahren, sein Landtagsmandat niederlegen müssen. Das hat jetzt, im Jahr 2011, angeblich ein Gutachten ergeben. Die Gutachter – das Papier ist noch nicht öffentlich – berufen sich auf Vorgaben des Landtags, die im Fall Stolpe so wenig eingehalten wurden wie bei elf anderen Abgeordneten: Sie alle wurden als „Grenzfälle“ eingestuft und durften weitermachen.

Stolpe machte lange weiter. Seine Vergangenheit im Rücken, beschrieb und betrat er den „Brandenburger Weg“. Das bedeutete: Weder die Polizei noch die Justiz noch gar die Verwaltung oder Politik wurden resolut Stasi-bereinigt, um es böse auszudrücken. Stasi-Verwicklungen behinderten politische Karrieren so wenig wie Polizistenlaufbahnen – und ganz offenkundig haben es die Leute so gewollt. Mehrheitlich wollten die Brandenburger den Brandenburger Weg und vor allem ihren vergangenheitsverstrickten Stolpe. Niemandem ist es bis 2010 gelungen, dem Land auch nur einen Stasi-Beauftragten aufzuzwingen.

Seit gut einem Jahr hat sich etwas verändert. Dass es mit Ulrike Poppe eine kluge, DDR-kundige Stasi-Beauftragte gibt, hat in Brandenburg ein paar Fragen neu aufgeworfen. Erste Antworten kann man auch schon geben. Manfred Stolpe mag Brandenburg und den nicht sehr konfliktfreudigen Brandenburgern einiges gegeben haben, eine Art Identität zum Beispiel – den demokratischen Neubeginn hat er erschwert. Über die Stasi, über Stasi-Staat DDR sprach man in Brandenburg zu Stolpes Zeiten wenig – und auch danach. Und alle, fast alle haben sich an das laute Schweigen, dieses „Darüber spricht man nicht“ gewöhnt.

In anderen ostdeutschen Bundesländern haben Polit-Importe wie Kurt Biedenkopf und Bernhard Vogel den Neubeginn gesteuert. Es wird nicht allein mit diesen Demokratie-Profis zu tun gehabt haben, dass Sachsen oder Thüringen weniger vergangenheitsbefangen wirken als Brandenburg. Doch müsste gerade in der machtgewohnten und -verwöhnten Brandenburger SPD Bitterkeit die Reaktion auf die neuen Erkenntnisse sein: Eine Partei, die sich (als SDP) in Schwante, Brandenburg, neu gründete, hat nun Trümmer wegzuräumen – statt sich um die Zukunft zu kümmern. Es wird Zeit, dass sie damit beginnt.

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