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Brief an Bischöfe: Der Papst denkt nur an die Kirche

Benedikt XVI. schreibt seinen Bischöfen und zeigt damit vor allem eines: Der Papst ist weit entfernt von unserer Welt.

Der Papst hat seinen Bischöfen geschrieben. Er hat "Pannen" eingestanden bei der Rücknahme der Exkommunikation der vier Bischöfe der Bruderschaft Pius X. Er hat sich entschuldigt – auch dafür, dass er sich nicht früher deutlicher erklärt hat. Ein solcher Brief aus der Feder des Heiligen Vaters ist ungewöhnlich.Auch sein Ton überrascht. Benedikt XVI. stellt nichts von oben herab klar, sondern wirbt um Verständnis, leise, fragend: „Sollen wir sie (die Pius-Brüder) einfach als Vertreter einer radikalen Randgruppe aus der Suche nach Versöhnung und Einheit ausschalten? Was wird dann werden?“ Auch aus seiner eigenen Verletztheit macht der Briefeschreiber keinen Hehl.

Diese Zeilen sind eine wichtige Geste und ein Zeichen, wie ernst der Papst die Krise nimmt. Der Brief wird zur Entspannung der Situation beitragen. Er macht aber zugleich deutlich, wie weit entfernt dieser Papst von unserer Welt ist, wie hermetisch sein Denken ist. Er argumentiert rein innerkirchlich. Er denkt historisch, aber kirchenhistorisch. Er denkt auch politisch, aber rein kirchenpolitisch. Er ermahnt die Pius-Brüder, nicht vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962 stehen zu bleiben. Und die anderen, die das Konzil so vehement verteidigt haben in den vergangenen Wochen, ermahnt er, sie müssten auch die Zeit vor dem Konzil einbeziehen. Die Einheit der Kirche über Jahrtausende hinweg, das ist seine Perspektive. Hätte die katholische Kirche nicht immer diese Einheit im Blick gehabt, sie würde nicht mehr existieren.

Der Preis dafür ist eine für viele Europäer schwer nachvollziehbare Weltfremdheit. Die Ermordung der europäischen Juden erwähnt der Papst in seinem Brief nicht. Auch nicht die Aussagen von Bischof Williamson, der die Existenz der Gaskammern geleugnet und damit den Eklat im Januar ausgelöst hatte. Hat er Williamson aufgefordert, sich klar von seinen Aussagen zu distanzieren? Man erfährt es nicht. Dieser Papst begibt sich im Unterschied zu seinem Vorgänger nicht auf die Ebene unseres historischen und politischen Denkens. Der offene Dialog mit der Welt, den die katholische Kirche seit den sechziger Jahren anstrebt, ist mit ihm schwierig geworden. Der nächste Zusammenstoß zwischen Papst und Welt wird nicht lange auf sich warten lassen. Wer mehr weltlich als kirchlich denkt und fühlt, den lässt der Brief ratlos zurück.

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