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Meinung: Büßen – aber richtig

Wenn einem so richtig übel mitgespielt wird, dann sagen wir gern, er müsse dran glauben. Das deutet schon stark darauf hin, dass richtiges Glauben eine schmerzhafte Sache ist, die traditionell in kargen Mönchszellen und auf harten Bänken vollzogen wird, Geißelung und Selbstkasteiung inklusive.

Wenn einem so richtig übel mitgespielt wird, dann sagen wir gern, er müsse dran glauben. Das deutet schon stark darauf hin, dass richtiges Glauben eine schmerzhafte Sache ist, die traditionell in kargen Mönchszellen und auf harten Bänken vollzogen wird, Geißelung und Selbstkasteiung inklusive. Deshalb kann es der Reinheit des Glaubens unmöglich nützen, dass die katholische Kirche ihren Anhängern in Venedig jetzt zwei vollklimatisierte Beichtstühle offeriert. Im Schweiße seines Angesichts soll der Mensch sein Brot essen, bis er zurückkehre zum Ackerboden – wie kann es da angehen, dass er ausgerechnet die Beichte zwischendurch in kühlem Wohlfühlklima ablegen darf, im Winter wahlweise auch gut geheizt? Es scheint, als breite sich der weltweite Wellnessgedanke auch in Bereichen aus, in denen er nun wirklich nichts zu suchen hat. Wird bald nur noch gebeichtet, wenn zuvor eine charmante Messdienerin im DesignerTalar Daiquiris reicht und die auf den Sünder zugeschnittene Höchstbuße darin besteht, im Gourmet-Restaurant um die Ecke zwei Wochen lang auf die Käseplatte zu verzichten? Der nächste Beichtstuhl, finden wir, sollte ein Whirlpool sein. Hartnäckige Sünder büßen zuvor bei 90 Grad in der Sauna.

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