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Norbert Lammert.

© dpa

Bundestagspräsident: Norbert Lammert: "Bitte nehmen Sie Platz"

Es gibt nicht viele Männer in der Politik, vor denen sich regelmäßig alle erheben müssen, wenn sie den Saal betreten. Der Bundespräsident ist einer davon, der Präsident des Bundestages ist – auch nach dem Protokoll – der zweite.

Von Robert Birnbaum

Seit fünf Jahren eröffnet Norbert Lammert nun die Sitzungen des Bundestages im Reichstag, Punkt neun Uhr erheben sich Parlament und Zuschauer. „Bitte nehmen Sie Platz“, sagt er dann geschäftsmäßig, was dem Ritual ein wenig von der altmodischen Steifheit nimmt. Von seiner Würde allerdings nicht – das wäre auch nicht im Sinne des Hausherrn. Der Parlamentspräsident ist von Amts wegen der Wächter über die korrekte Form im Parlament. Und Lammert nimmt diese Aufgabe in außerordentlich weitem Maße ernst. Wo er Verstöße gegen scheinbare Formalien wittert, kennt der CDU-Mann auch kein Parteibuch mehr.

Es gibt infolgedessen rund um den Reichstag zwei Sichtweisen auf den 62-Jährigen. Die eine hat immer dann Konjunktur, wenn Lammert in der Unionsfraktion wieder gegen ein Gesetzesvorhaben gesprochen und gestimmt hat. Dann unterstellen ihm Parteifreunde schon mal leicht querulatorische Neigungen. Er selbst meint: Als Bundestagspräsident muss er darauf pochen, dass Rechte des Parlaments respektiert werden.

Tatsächlich kann kaum einer so gut wie Lammert erläutern, warum die Legitimität demokratischer Entscheidungen von korrekten Abläufen und Beachtung der Kontrollmechanismen abhängt. Wenn einer das nicht versteht oder, schlimmer, nicht verstehen will, bekommt er schon mal einen roten Kopf und die Belehrung etwas Nachdrückliches. Gemildert wird das durch die leichte Dialektfärbung des Ruhrgebietskinds – in Bochum ist er als erstes von sieben Kindern von Bäckersleuten geboren, an der Ruhr-Uni hat er studiert, dort lehrt er nebenbei als Honorarprofessor der Sozialwissenschaften.

Gute Redner wie ihn, solche, die geradezu lustvoll das präzise, geschliffene Wort kultivieren, gibt es in der Politik nicht viele. Er lässt es sich denn auch nicht nehmen, am Tag der Einheit vor dem Reichstag eine kurze Ansprache zu halten. Es werden die Nachsätze zur ersten Rede Christian Wulffs als Bundespräsident. Lammert galt stets als einer, der auch für dieses höchste Staatsamt infrage käme; das verleiht dem Termin eine pikante Note. Aber Lammert kann darauf verweisen, dass der Bundestag noch stets eine eigene Feier zur Einheit hatte.

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