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Bundeswehr: Bizarre Rituale

Wo Menschen gedemütigt, erniedrigt, verletzt werden, ist eine Linie überschritten. Eine Misshandlung ist eine Misshandlung und muss als solche bezeichnet und geahndet werden.

Von Michael Schmidt

Mutproben, könnte man meinen, sind etwas längst aus der Zeit Gefallenes, eher was für Cowboys und Indianer, Ritter und andere Helden. Rohe Leber fressen und Alkohol saufen bis zum Übergeben ist in jedem Fall: bäh. Zur Ehrlichkeit gehörte aber, sich einzugestehen, dass das Mittenwalder Gebirgsjägerbataillon 233 mit seinem bizarren Aufnahmeritual, wie die Bundeswehr insgesamt, nichts anderes ist als ein Spiegel der Gesellschaft. Aus deren Mitte heraus rekrutiert sich die Truppe. Will irgendwer behaupten, im Karneval, bei Schützenfesten und auf Vereinsfeiern ginge es durchgehend gesitteter zu? Dennoch muss eines klar sein: Wo Menschen gedemütigt, erniedrigt, verletzt werden, ist eine Linie überschritten. Eine Misshandlung ist eine Misshandlung und muss als solche bezeichnet und geahndet werden. Der Mut derer, die sie – Korpsgeist und falsch verstandenem Ehrgefühl zum Trotz – öffentlich machen, ist deshalb gar nicht hoch genug zu schätzen. Ihnen ist zu verdanken, dass Skandale dieser Art immer öfter ans Licht kommen. Die Bundeswehr sollte, aus wohlverstandenem Eigeninteresse, sich nicht damit begnügen, die Beispiele von Verrohung, ob im Ausland oder in der heimischen Kaserne, als Einzelfälle abzutun. Image ist nicht alles. Aber als Armee im weltweiten Einsatz steht die Truppe unter besonderer Beobachtung. Ihr Ruf ist Teil dessen, was sie ist – und nicht ohne Folgen für die Sicherheit der Soldaten im Einsatz.

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