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Meinung: Bushs Verfassungsschutz

Die eigenen Parteifreunde drängen den US-Präsidenten, Terroristen Grundrechte zu geben

So weit hat es Präsident Bush getrieben. Und übertrieben: Einflussreiche Republikaner machen Front gegen die CIA-Geheimgefängnisse und seinen Umgang mit Terrorgefangenen in Guantanamo. Die USA kommen zur Besinnung. In der Theorie waren Amerika und Europa von Anfang an einig. Terroristen vom Schlage der Al Qaida kann man nicht allein militärisch besiegen. Es ist auch ein Kampf der Ideen und der Werte. Militär ist wichtig, um Rückzugsstätten und Ausbildungslager zu vernichten. Deshalb zogen Nato und Bundeswehr mit in den Afghanistankrieg. Aber der Westen wird unglaubwürdig, wenn er in diesem Kampf Grundwerte opfert.

Auch Bush hatte das immer wieder gesagt. Er nennt die westlichen Werte sogar „eine unserer stärksten Waffen“ gegen Islamisten. Doch er hat anders gehandelt: verdeckte Abhörprogramme, Misshandlung von Gefangenen, um Informationen herauszupressen, die – vielleicht – Leben retten können. Und vieles davon ohne Kontrolle durch Richter oder den Kongress. Er hebelte die „checks and balances“ der Demokratie aus. Wer sich erinnert, in welcher Angst der Westen 2001 lebte, kann das vielleicht verstehen. Rechtfertigen mag man es nicht. Auf den Terror in New York folgte die Antrax-Hysterie, als weißes Pulver in Briefen auftauchte, auch in Deutschland.

Fünf Jahre ist das her. Bush hat an Glaubwürdigkeit verloren: wegen der Lügen um den Irakkrieg, der Fehler der Besatzungspolitik, des Folterskandals in Abu Ghraib und wegen der Rechtlosigkeit der Gefangenen in Guantanamo.

Es ist ironisch, dass der Aufruhr aus der eigenen Partei in einem Moment kommt, in dem Bush sich bereits selbst korrigiert, sich auf US- Recht und Völkerrecht zubewegen muss, weil Gerichte und Parlamentarier das verlangen. Folter hat er ausdrücklich verboten, auch für die CIA. Das Abhörprogramm soll nun doch wieder einem Gericht unterworfen werden. Und endlich soll es einen gesetzlichen Rahmen für die Militärtribunale zur Aburteilung Terrorverdächtiger geben.

Nur gehen Bushs Korrekturen nicht weit genug. Noch immer will er sich Schlupflöcher offen lassen: „coercion“, körperlicher Zwang beim Verhör von Topterroristen soll erlaubt bleiben: zwar nicht Folter, aber Schlafentzug, extreme Temperaturen, Isolierung. In Strafprozessen darf der Richter dem Angeklagten die Einsicht in „geheimes“ Belastungsmaterial verweigern, es aber beim Urteil verwenden. Das geht gegen den Geist unserer Werte, unseres Rechtsstaats.

Ist Bushs Beharren auf falschen Maßnahmen nicht ein Makel für Amerikas Demokratie? So kann man es sehen. Man kann die Entwicklung aber auch umgekehrt interpretieren. Die Korrektur durch Parlament und Gerichte, der Widerspruch aus seiner eigenen Partei – mitten im Wahlkampf! – sind Belege für die Stärke dieser Demokratie, für ihre Kraft zur Selbstreinigung. Die Republikaner John McCain, Lindsey Graham, John Warner und Bushs Ex-Außenminister Colin Powell geben die Richtung vor: Was du nichts willst, was man dir tu, das füg auch keinem andern zu! Nur wenn die USA sich an ihre Grundwerte halten, können sie glaubwürdig verlangen, dass Diktatoren und Extremisten Leben und Würde aller Menschen respektieren, zum Beispiel auch die von US-Soldaten in Gefangenschaft.

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