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Meinung: Bye, bye Palast

Am vergangenen Sonntag trauerte ein Kolumnist der „New York Times“, Nicholas Kulish, um den Palast der Republik – und um Berlin: Der Palast der Republik wird abgerissen. Im nächsten Jahr wird nichts mehr von ihm übrig sein.

Am vergangenen Sonntag trauerte ein Kolumnist der „New York Times“, Nicholas Kulish, um den Palast der Republik – und um Berlin:

Der Palast der Republik wird abgerissen. Im nächsten Jahr wird nichts mehr von ihm übrig sein. Das ist eine Schande und ein überdeutlicher Beweis dafür, wie groß der Minderwertigkeitskomplex der Stadt ist. (...)

Berlin fehlt jenes Zutrauen zu sich, das es einer selbstbewussten Frau erlaubt, mit Leichtigkeit einen Schönheitsfleck zu tragen. Ständig guckt die Stadt über ihre Schulter nach Rom, London oder New York, anstatt ihre erstaunliche Einzigartigkeit zu feiern.

Es geht bei dem Thema nicht darum, die dunklen Epochen der jüngsten Vergangenheit zu verstecken. In den letzten Jahren wurden ein Jüdisches Museum eingeweiht und ein prominentes neues Holocaust-Mahnmal. Das Endspiel der Fußball-WM wird in einem von den Nazis erbauten Stadion stattfinden, in dem Hitler die Olympischen Spiele feiern ließ. (...)

Als ein gelegentlicher Bewohner Berlins war ich Gastgeber für viele Touristen. Nicht einer wollte die Schlösser sehen, von denen es viele Originale gibt. Werden sie bald die Besichtigung einer Rekonstruktion verlangen? Meine Besucher wollten die Berliner Mauer sehen – und den Checkpoint Charlie. Die Geschichte, für die sich die Touristen in Berlin interessieren, ist die des 20. Jahrhunderts.

Ich habe nie einen Deutschen kennen gelernt, der nach Berlin zog, weil es die Reichshauptstadt ist. Berlins Lebendigkeit und Fremdheit zieht sie an. Für viele Westdeutschen bestand der Reiz auch in der alten DDR, in all ihrer herausragenden Hässlichkeit. Geschichte geschieht. Sie lässt sich nicht konstruieren.

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