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Meinung: "Café Pssst!" darf bleiben: Rote Schuhe, ganz legal

Prima Puff im Wilmersdorf, und jetzt auch noch erlaubt. Da freut sich eine grüne Bundestagsabgeordnete so sehr, dass sie mit einem Adventskalender voller Kondome im Gerichtssaal auftaucht.

Prima Puff im Wilmersdorf, und jetzt auch noch erlaubt. Da freut sich eine grüne Bundestagsabgeordnete so sehr, dass sie mit einem Adventskalender voller Kondome im Gerichtssaal auftaucht. Die Richter haben gründlich gearbeitet und bei einer Umfrage in Verbänden und Vereinen einen "sozialethischen Wandel" entdeckt: Prostitution ist nicht mehr sittenwidrig.

Ein Sieg für den Staat ist das auf jeden Fall. Er hat schon immer gern die Hände aufgehalten, wo das Laster Geldsegen versprach. Dem Berliner Urteil wird in absehbarer Zeit eine gesetzliche Neuregelung der Prostitution folgen, die dem Staat Steuereinnahmen und den Prostituierten begrenzten Sozialversicherungsschutz sichern wird. Glücksspiel, Alkohol und Zigaretten sind sprudelnde Quellen für die Steuerkassen, denn Drogen, Spiel und auch die Prostitution sind aus keiner menschlichen Gesellschaft wegzudenken.

Menschen mit Herz und Verstand werden der staatlichen Teilnahme einen ethischen Sinn nicht absprechen. Denn Legalität setzt in gewisser Weise Grenzen: Erstens der Doppelmoral und der Heuchelei, die grundsätzlich wächst, wenn die Gesellschaft so tut, als ob da nichts wäre, obwohl es jeder besser weiß. Zweitens kann Legalität den Schaden begrenzen helfen, den Sucht und Prostitution anrichten. Kontrollierte Methadonprogramme sind humaner als verdreckte Nadeln - und Frau Weigmanns "Pssst" gewiss schonender als der prügelnde Zuhälter von Sankt Pauli oder der Straßenstrich.

Doch spiegelt sich in diesem Urteil ein trostloses Selbstverständnis der Gesellschaft, und eine traurige Niederlage für die Freiheit ist es auch. Die "roten Schuhe" waren immer Ausdruck weiblicher Abhängigkeit, Unterdrückung, Verlorenheit und zwar ein ganz besonders bedrückender. Mit dem Wertewandel der letzten Jahrzehnte begründen die Richter ihr Urteil, und sie rühren dabei Dinge zu einem moralischen Eintopf zusammen, die ein klares Unterscheidungsvermögen verlangen. Kann eine neue Akzeptanz der Prostitution daraus hergeleitet werden, dass man Frauen nicht bevormunden darf? Auch unter der Fahne der Emanzipation wird die Erniedrigung von Frauen durch ihre Freier nicht geringer. Es stimmt, dass Homosexualität bis 1973 strafbar war. Aber ist die Prostitution sittlicher geworden, weil die Gesellschaft endlich genug Humanität und Moral aufbringt, Schwule und Lesben so leben zu lassen, wie sie sind? Es stimmt: Sie wird mehr toleriert, wie übrigens auch die Pornographie. Aber Toleranz ist nur ein unsicherer moralischer Maßstab. Das beweist gerade die Geschichte der Prostitution, die gesetzlich verboten, als männliche Freiheit auf Kosten der Frauen aber immer wohlgelitten war.

Prostitution bleibt unsittlich, auch wenn Staat und Rechtsprechung sie legalisieren und die Prostituierten rechtlich besser schützen. Die Gesellschaft muss moralische Grenzen setzen, gerade wenn sie den Menschen Freiheit gewähren will und Selbstbestimmung.

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