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Meinung: CDU-Spendenaffäre: Eine Frage der Ehre

Geld, das man hat, ist manchmal schlimmer als Geld, das man nicht hat. Die Christdemokraten haben neuerdings eine Million Mark mehr auf dem Konto.

Von Robert Birnbaum

Geld, das man hat, ist manchmal schlimmer als Geld, das man nicht hat. Die Christdemokraten haben neuerdings eine Million Mark mehr auf dem Konto. Vielleicht werden sie sich noch wünschen, der fette Batzen wäre ihnen besser entgangen. Formal lässt sich begründen, weshalb die Christdemokraten Recht daran tun, die Überweisung ihres früheren Schatzmeisters Walther Leisler Kiep umstandslos auf ihr Konto zu verbuchen. Politisch aber ist der Transfer heikel.

Was ist geschehen? Leisler Kiep überprüft seine Privatkonten aus dem Jahr 1992 und "entdeckt" unklare Geldeingänge. Also, denkt er sich und schreibt das auch seiner Partei, wird das wohl der CDU gehören. 1992 hatten Kiep und seine Geld-Kumpane Uwe Lüthje und Horst Weyrauch das "Norfolk"-Schwarzkonto in Liechtenstein aufgelöst und - so Lüthje und Weyrauch - die 1,5 Millionen Franken untereinander geteilt, knapp 700.000 Mark pro Nase.

Nun muss man zugleich vergegenwärtigen, dass die CDU ihren Ex-Schatzverwalter hatte wissen lassen, er müsse damit rechnen, für Schäden haftbar gemacht zu werden, die seine doppelbödige Buchführung angerichtet hat. Zurückfordern könnte die Partei von dem Multimillionär Leisler Kiep mindestens jene zwei Millionen Mark, die die CDU als Strafe für die illegal verbuchte Eine-Million-Mark-Barspende des Waffenschiebers Schreiber an Leisler Kiep berappen musste.

Formal in Ordnung, politisch nicht

Angesichts dieser Drohung hat Kiep gezahlt - und zwar nicht das, was er auf seinem Konto fand, sondern die runde Million. Damit hat er erstens wahrscheinlich das Verfahren wegen Steuerhinterziehung vom Hals, das ihm wegen der "Norfolk"-Gelder anhängt. Zweitens mag Kiep glauben, sich von weiteren Nachforderungen aus Berlin losgekauft zu haben. Für Kiep also ein vorteilhaftes Geschäft.

Für die CDU weniger. Formal mögen die Parteichefin Angela Merkel und ihr Geschäftsführer Willi Hausmann ja Recht haben, wenn sie sagen, angesichts einer offenen Forderung von zumindest zwei Millionen sei die eine Million gewissermaßen ein Abschlag, um dessen Herkunft sich die Partei nicht weiter kümmern müsse. Formal würde es das Parteiengesetz wohl sogar ungeahndet lassen, würden sich die Christdemokraten offen das "Norfolk"-Geld einverleiben - das stammt zwar vermutlich aus anrüchigen Quellen, aber keiner kann das beweisen.

Formal ist also alles in Ordnung - politisch ganz und gar nicht. Man nimmt offenkundig schmutziges Geld nicht an - nicht als Privatmann, erst recht nicht als demokratische Partei. Man versucht außerdem, auch wenn es noch so vergeblich erscheint, noch einmal die Herkunft des Bimbes aufzuklären. Beides hat nichts mit Paragrafen zu tun, aber viel mit dem Gefühl für Billigkeit und Anstand. Angela Merkel läuft Gefahr, dass etwas von dem Dreck an ihr hängen bleibt, den Leute vom Schlage Kieps am Stecken haben. Geld stinkt nicht? Oh doch.

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