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Meinung: CDU-Spendenaffäre: Gerettet - aber nicht aus dem Schneider

Das letzte Wort ist das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts nicht, das die 41-Millionen-Buße gegen die CDU aufhebt. Das Gericht selbst hat den Weg zur nächsten Instanz ausdrücklich freigegeben, und es besteht kein Zweifel daran, dass das endgültige Urteil in dieser Affäre erst vor dem Bundesverwaltungsgericht, vielleicht auch dem Bundesverfassungsgericht gesprochen wird.

Das letzte Wort ist das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts nicht, das die 41-Millionen-Buße gegen die CDU aufhebt. Das Gericht selbst hat den Weg zur nächsten Instanz ausdrücklich freigegeben, und es besteht kein Zweifel daran, dass das endgültige Urteil in dieser Affäre erst vor dem Bundesverwaltungsgericht, vielleicht auch dem Bundesverfassungsgericht gesprochen wird. So verrät das Urteil vor allem die Absicht, den Ball den höheren Instanzen zuzuspielen, am Ende wohl auch dem Gesetzgeber. Allerdings versehen mit der nicht unwichtigen Botschaft, dass sich Gerechtigkeit nicht nur darin erfüllt, dass kein Unrecht ungeahndet bleiben soll. Sie besteht auch darin, dass keine Sanktion ohne die Grundlage eines Gesetzes erfolgt. Das Urteil ist ein - ziemlich drastischer - Hinweis darauf, dass das Parteiengesetz in dieser Hinsicht einen stark löchrigen Charakter hat.

Nun gehört es zur Parteispendenaffäre, dass sie den Schleier vor Vorgängen weggezogen hat, die man sich vorher einfach nicht vorstellen konnte - auch nicht der Gesetzgeber. Es ist der Abgrund von Unverfrorenheit und Skrupellosigkeit, der - zu Recht - von Anfang an die öffentliche Debatte über die Spendenaffäre bestimmt hat. Dieser Charakter der Affäre überfordert indes ein Gesetz: Es soll eine Materie regeln, bei der die Parteien die Rolle von augenzwinkernden Komplizen in einer Prozedur spielen, die am Ende eigentlich doch als etwas anrüchig empfunden wird. Aber: Ohne Geld geht es nun einmal nicht, die Mitglieder bringen es nicht auf, wer es aufbringt, möchte dabei nicht gerne gesehen werden, also springt, nach alter deutscher Übung, der Staat ein. So entstand das System der Parteifinanzierung - ein ewiger, immer wieder zu Verrenkungen zwingender Notstand.

Aber kann die Ausschließlichkeit, mit der die Berliner Richter die formale Richtigkeit des Rechenschaftsberichts der CDU in den Mittelpunkt stellt, wirklich zufrieden stellen? Sie mögen damit eine offene Flanke der rechtlichen Regelung der Parteienfinanzierug beleuchten, aber sie machen damit ihr Urteil selbst angreifbar. Was für eine Rechenschaft gibt denn ein Rechenschaftsbericht, bei dem die inhaltliche Seite der Aufbringung der Partei-Gelder ganz außen vor bleibt? Die ausführlichen Vorschriften über die Form des Rechenschaftsberichts im Parteiengesetz können doch nur den Sinn haben, den Prüfungs- und Durchleuchtungsvorgang der Aufbringung der Partei-Mittel einen Rahmen zu setzen. Diese Transparenz zu gewährleisten, ist ja der Zweck des Rechenschaftsberichts. Er soll Auskunft darüber geben, wie die Parteien zu ihrem Geld gekommen sind, damit Schleichwege am Gesetz vorbei ausgeschlossen werden. Da kann es nicht im Sinne des Gesetzes sein, wenn die Beurteilung so eng erfolgt, dass dieser Zweck keine Berücksichtigung findet.

Die Berliner Richter haben ein begründetes Unbehagen markiert, wenn sie nicht akzeptieren, das die verschwiegenen 18 hessischen CDU-Millionen durch den Bundestagspräsidenten ziemlich unmittelbar in eine - für die CDU existenzbedrohende - 41-Millionen-Buße umgemünzt worden sind. Dass die der CDU vorenthaltene Summe eigentlich keine Strafe ist, dass auch der Bundestagspräsident nicht der Gerichtsherr über den Parteibetrieb ist, sondern nur eine Art Verwaltungsakt auszuführen hat, weil er und seine Behörde nun einmal nach dem Parteiengesetz die staatlichen Mittel für die Parteien verwalten - das alles ist schwer nachzuvollziehen. Doch ungeahndet können die Machenschaften der hessischen CDU nicht bleiben, sollen nicht Parteien- und Politikverdrossenheit weiter wachsen. Insofern mag die CDU zwar einen Silberstreif am Horizont sehen, wie Fraktionschef Merz gesagt hat, aber aus dem Schneider ist sie nicht.

Nun wird man abwarten müssen, wie die nächste Gerichts-Instanz die Sache bewertet. Aber den Parteien täte es gut, die Überarbeitung des Parteiengesetzes im Licht der neuen, seit dem dramatischen Herbst 1999 gemachten Erfahrungen rasch in Angriff zu nehmen. Dass die CDU noch vor Ostern einen eigenen Entwurf vorlegen will, hört man gerne. Nur: Setzt er ein Zeichen der selbstkritischen Besinnung? Oder ruft er - mit Blick auf die SPD und ihre Wirtschaftsunternehmen - "Haltet den Dieb"?

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