zum Hauptinhalt

Meinung: CDU vor der Wahl: Talent im Teufelskreis

Mit Konfetti und Glitzer wurde Frank Steffel bei seiner Nominierung als Spitzenkandidat von seiner Partei gefeiert. Wann das war?

Mit Konfetti und Glitzer wurde Frank Steffel bei seiner Nominierung als Spitzenkandidat von seiner Partei gefeiert. Wann das war? Kandidat Steffel wird sich kaum noch erinnern können. Möglicherweise wird er wünschen, er hätte sich nie für dieses Amt zur Verfügung gestellt.

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 WahlStreet.de: Die Wahlbörse bei Tagesspiegel Online Foto-Tour: Die Berliner Spitzenkandidaten Video-Streams: Diskussion mit den Spitzenkandidaten Vor vier Monaten, als die CDU ins tiefe Loch des Bankenskandals stürzte, war Frank Steffel der jugendliche Held, der den Generationswechsel und die überfällige Erneuerung in der Union verkörperte. Seitdem ging es abwärts. Neun Tage vor der Abgeordnetenhauswahl in Berlin ist der von seinen Beratern zeitweise zum Berliner Kennedy geadelte Steffel auf dem Tiefpunkt angekommen: Er ist das Schlusslicht der Beliebtheitsskala der Spitzenkandidaten und erhält bei der Infratest-Umfrage die mit Abstand schlechteste Benotung. Schlimmer noch: Würde am Sonntag gewählt, dann erhielte die CDU in Berlin gerade einmal 25 Prozent - das schlechteste Wahlergebnis seit 1950. Damals kam die CDU auf 24,7 Prozent.

Die SPD dagegen punktet mit ihrem Strahlemann Klaus Wowereit. Die Sozialdemokraten liegen bei 33 Prozent - Tendenz weiter aufwärts. Und sie halten sich alle Optionen offen: ob Rot-Grün, ob eine Ampel mit der FDP - oder auch Rot-Rot mit dem bisherigen Tolerierungpartner PDS. Und die CDU kann nicht einmal Kapital aus dem möglichen Einzug der Ex-Kommunisten ins Rote Rathaus schlagen. An den Sozialdemokraten bleibt nichts hängen.

Die düsteren Werte für die CDU sind nur teilweise ein Ergebnis der veränderten Weltlage seit den Terroranschlägen vom 11. September. Die Stunde der Krise ist auch in Berlin die Stunde der Regierung. Der Regierende Bürgermeister Wowereit profitiert in dieser Situation von seinem Amtsbonus - und von einem besonnenen Innensenator Ehrhart Körting, der der CDU selbst ihre Kernkompetenz auf dem Felde der Inneren Sicherheit streitig macht. Das ist aber nicht alles. Denn der Union-Kandidat Steffel macht auch wenig richtig. Zu wenig. Dabei startete er stark, stellte die Weichen auf personellen Neuanfang in der Union, drängte die alte Garde um Klaus Landowsky und Eberhard Diepgen zur Seite, trennte sich vom grobschlächtig-poltrigen Generalsekretär Ingo Schmitt und machte den Ost-Berliner Bürgermeister von Mitte, Joachim Zeller, zu dessen Nachfolger.

Seitdem aber ging alles schief. Mit dem Stimmungswind im Rücken - das erfahren die Sozialdemokraten gerade - läuft alles besser, doch erklären kann es den tiefen Einbruch bei der CDU allein nicht. Im Ost-Teil Berlins ist die CDU inzwischen bei 15 Prozent angekommen, selbst in West-Berlin erreicht die Partei nur noch 32 Prozent Zustimmung. Der Unternehmer Frank Steffel kann die Berliner von seinen Fähigkeiten nicht überzeugen. Der Kandidat stellte eine wahre Flut von sachkundigen Beratern vor. Doch das verstärkt bei den Wählern offenbar nur ein Gefühl: Der kann es nicht.

Der Union läuft die Zeit weg. Zum Wechsel des Spitzenkandidaten ist es längst zu spät, doch abgerechnet wird bei der CDU nach dem Wahltag. Hat Steffel seine politische Zukunft schon hinter sich? Bleibt es bei den schlechten Werten, dann wird er den Generationswechsel in der Union nicht vollenden. Es gibt genügend Aspiranten, die bei einer derartigen Wahlschlappe die Messer wetzen und alte Rechnungen begleichen wollen. Spät, vielleicht zu spät, ist der CDU klar geworden, was ihr Problem ist: Zu lange war nur allein Steffel sichtbar im Wahlkampf. Ein Kopf, kein Team. Damit aber ist Steffel überfordert.

Dabei gibt es das politische Talent Joachim Zeller. Und auch der immer noch populäre Eberhard Diepgen greift erst seit kurzem wieder erkennbar ein. Ob das hilft? Steffel erinnert inzwischen an Walter Momper. Dem SPD-Spitzenkandidaten ging im Wahlkampf 1999 alles schief - jetzt hat Steffel das Pech gepachtet. Die Sozialdemokraten verzichteten damals in der letzten Wahlkampfphase darauf, Walter Momper zu plakatieren. Macht das nun die CDU nach? Das erste Großplakat, auf dem in kleiner Schrift das gesamte CDU-Wahlprogramm zu lesen ist, hängt - ohne das Porträt Frank Steffels.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false