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Chavez, Wagenknecht und Merkel: Kein Vergleich mehr

Hitler-Vergleiche funktionieren vor allem deshalb so gut, weil sie aus dem historischen Zusammenhang gerissen sind. Was aber geschieht, wenn man den aktuellen Chavez-Vergleich von Hitler und Merkel zu wörtlich nimmt?

Das Faszierende am Hitler-Vergleich lag stets darin, dass er sich niemals abzunutzen schien: Die Keule splitterte nicht, wurde sie auch noch so inflationär geschwungen. Das funktionierte deshalb so gut, weil der Vergleich seinem historischen Kontext entrissen war, aber nicht seiner moralischen Wucht. Hitler, das war Verarbeitungsleistung und Banalisierung in einem, war zum Synonym für „Schweinehund“ geworden.

Als die Justizministerin George W. Bush mit Hitler in Verbindung brachte, schrieb ihm der Kanzler, „dass an meinem Kabinettstisch niemand Platz hat, der den amerikanischen Präsidenten mit einem Verbrecher in Verbindung bringt“. Gerhard Schröder erwähnte gar nicht erst, dass ein solcher Vergleich historischer Unsinn sei. Als eine türkische Zeitung schrieb „Merkel ist der zweite Hitler“, verstand auch jeder, worum es ging – um Beleidigung, nicht um historische Aufklärung.

Doch nun ist etwas passiert, das der Anfang vom Ende des Hitler-Vergleichs sein dürfte: Der historische Kontext ist zurückgekehrt. Als Venezuelas Präsident vor kurzem Angela Merkel in Verbindung mit Hitler brachte, verteidigte EU-Kommissionspräsident José Barroso die Kanzlerin als „große Demokratin“, während die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht die Äußerung als „historisch korrekt“ bezeichnete. Beide nahmen den Vergleich offenbar wörtlich. Das ist nicht nur historisch naiv, sondern auch das Ende der langen Geschichte des Hitler-Vergleichs. Denn „historisch korrekt“ ist nur Hitler wie Hitler. mos

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