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Meinung: „China hat sich immer nur selbst zerstört“

Für viele Katholiken ist er der „Papst von China“. Bischof Joseph Zen Ze-Kiun aus Hongkong, 74 Jahre alt, klein und zart, ist die Bezeichnung eher peinlich.

Für viele Katholiken ist er der „Papst von China“. Bischof Joseph Zen Ze-Kiun aus Hongkong, 74 Jahre alt, klein und zart, ist die Bezeichnung eher peinlich. Er ist ein bescheidener Mann. Zudem befürchtet er, dass allzu große Titel seiner Mission schaden. Dass die chinesischen Machthaber sich erst recht taub stellen für seine Forderung nach mehr Religionsfreiheit, Demokratie und Menschenrechte.

Wenn es zu mehr Religionsfreiheit geführt hätte, wäre er vor vier Jahren sogar bereit gewesen, auf den Bischofsstuhl in der früheren Kronkolonie zu verzichten. Am gestrigen Freitag kam noch ein Titel hinzu: Bischof Joseph Zen Ze-Kiun wurde mit 14 anderen Würdenträgern in einer feierlichen Zeremonie auf dem Petersplatz von Papst Benedikt XVI. zum Kardinal ernannt. Diese Auszeichnung ist ein politisches Signal an China: Das Kardinalsrot soll dem Mann den Rücken stärken, der kein Blatt vor den Mund nimmt: „Das kommunistische System ist grundlegend falsch“, sagt Ze-Kiun, „die besten Leute sitzen im Gefängnis, die Kriminellen laufen draußen rum.“ Weil in der Volksrepublik die ökonomischen Reformen vor den politischen stattfinden, wuchere die Korruption. China müsse endlich begreifen, dass es sich so nur immer weiter selbst zerstöre.

Joseph Zen Ze-Kiun wurde in Schanghai geboren und lebt seit Ende der 40er Jahre in Hongkong. Er trat in den Salesianer-Orden ein und lehrte als Professor an Priesterseminaren in China. 1998 entzog ihm Peking die Einreiseerlaubnis, nachdem Ze-Kiun immer wieder auch die sozialen Zustände in der Volksrepublik angeprangert hatte.

Die Katholiken machen in China nur ein Prozent der Bevölkerung aus, sie leben wie die anderen Religionsgemeinschaften unter strenger Kontrolle. Seitdem Hongkong vor acht Jahren an China zurückgegeben wurde, entstehen auch hier schleichend chinesische Verhältnisse, sagte der Bischof neulich in Berlin. Die Rechte der Kirchen würden eingeschränkt, viele kommunistische Machthaber seien korrupt. „Aber da die chinesischen Führer immer jünger werden, haben wir die Hoffnung, dass sie auch liberaler werden.“ Außerdem habe das Religionsbüro in Peking eingestanden, dass es „durchaus möglich ist, dass die Religionen länger existieren werden als die kommunistische Partei“. In China wie in der katholischen Kirche muss man die leisen Töne der Veränderung heraushören können. Hoffnung wächst überall, sagt Bischof Ze-Kiun.

Claudia Keller

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