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Meinung: …China

Bis vor ein paar Jahren erkannte man chinesische Flugzeuge an der Bordtoilette: Wenn man aufs Klo wollte, musste man immer erst die Abdrücke der Straßenschuhe von der Klobrille wegwischen. Für die meisten Chinesen war Fliegen damals so neu und aufregend wie eine westliche Toilette mit Wasserspülung.

Bis vor ein paar Jahren erkannte man chinesische Flugzeuge an der Bordtoilette: Wenn man aufs Klo wollte, musste man immer erst die Abdrücke der Straßenschuhe von der Klobrille wegwischen. Für die meisten Chinesen war Fliegen damals so neu und aufregend wie eine westliche Toilette mit Wasserspülung. Niemand wusste so recht, wie dieses Gerät zu bedienen ist. Und weil Chinesen ihr Geschäft lieber in der Hocke verrichten, kletterten die Reisenden eben mit ihren Schuhen auf die Kloschüssel.

Mittlerweile sind Flugreisen auch in der Volkrepublik normal. Dabei drängt es immer mehr Chinesen auch im Urlaub in die Ferne: 31 Millionen chinesische Touristen reisen dieses Jahr ins Ausland. Doch auch wenn der Umgang mit westlicher Hygienetechnik kein Problem mehr darstellt, haben die chinesischen Reisegruppen einen schlechten Ruf. Sie gelten als laut und aufdringlich. Sie rauchen dort, wo es verboten ist. Sie drängeln sich vor, werfen Müll auf die Straße und laufen im Schlafanzug durch die Hotellobby. Der Auftritt der Touristen sei so „unzivilisiert“, dass sich die Regierung nun zum Eingreifen genötigt sah.

Unter dem Titel „Anleitung für ein zivilisiertes Benehmen von chinesischen Touristen im Ausland“ veröffentlichte das staatliche Tourismusamt und eine „Arbeitsgruppe für zivilisiertes Verhalten“ bei der Parteiführung einen Benimm-Knigge. Als chinesischer Reisender müsse man „auf Hygiene achten, die Umwelt schützen und sich geziemt kleiden“, heißt es. Man solle Damen den Vortritt lassen, sich beim Schlangestehen nicht vordrängeln und „im Hotel die Gegenstände nicht beschädigen“. Überhaupt solle man als Chinese in Übersee „stets höflich und bescheiden“ auftreten.

Pekings Führer sorgen sich offenbar um Chinas Ansehen im Ausland. Das Verhalten einiger Touristen sei zu einer „Peinlichkeit“ für das Land geworden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. Besonders schlimm sei das lautstarke Spucken auf die Straße – eine Angewohnheit, mit der Chinesen Krankheiten vertreiben wollen. Was die Staatsagentur verschweigt: Viele der Reisenden in Übersee sind Regierungskader, die es sich auf Staatskosten oder Einladung westlicher Firmen gut gehen lassen. Und was ist, wenn Chinesen im Inland verreisen? Auch für sie veröffentlichte die Regierung Benimmregeln, die sogar noch strenger sind. Ein Auszug: „Nicht in öffentlichen Parks Blumen oder Früchte pflücken, nicht die Namen in Sehenswürdigkeiten ritzen. Die Notdurft nicht im Freien verrichten.“

Harald Maass

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