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Guttenberg und Seehofer.

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CSU: Seehofer und Guttenberg in der Schwebe

Seehofer bleibt Chef, weil Guttenberg im Moment lieber nur Hoffnungsträger sein will. CSU-Chef zu werden ist eine schöne Sache; es zu sein nicht mehr unbedingt.

Von Robert Birnbaum

Einen Parteivorsitzenden zu stürzen, ist ein mühsames Geschäft. Oft fehlt die Gelegenheit, nicht selten fehlt ein passender Ersatz. Aber selbst wenn beides vorhanden ist, bleibt das Manöver kompliziert. Was zum Beispiel die Frage nach der politischen Zukunft des Horst Seehofer angeht, wirkt die Antwort auf den ersten Blick einfach: Karl-Theodor zu Guttenberg muss bloß den Anspruch auf den CSU-Vorsitz anmelden, dann ist der Ältere sofort Vergangenheit. Genau in diesem Sachverhalt allerdings liegt für Seehofer im Moment eine erstaunlich solide Lebensversicherung.

Guttenberg ist in knapp zwei Jahren vom kleinen Abgeordneten zum Superstar aufgestiegen. Im gleichen Zeitraum ist Seehofer vom bang gerufenen Hoffnungsträger zur Altlast herabgesunken, dessen launischer Führungsstil die einstige Staatspartei unter die 40- Prozent-Marke zu drücken drohte. Hätte Guttenberg Ende letzten Jahres aufgezeigt, die Partei wäre bereit gewesen, für ihn zu putschen.

Aber Guttenberg hat nicht aufgezeigt. Das hängt mit der Einschätzung zusammen, dass ihm sowieso früher oder später die Macht in der CSU in die Hände fällt. Guttenberg weiß, was er will – Kanzler werden. Er weiß auch, was er nicht will – bayerischer Ministerpräsident werden. Aber bis zu den zeitgleichen Landtags- und Bundestagswahlen 2013 kann sich vieles verändern. Wer sich zu schnell festlegt, verbaut sich womöglich eine Chance.

Wie rasch sich ein Klima dreht, haben Guttenberg, Seehofer und die CSU ja gerade erlebt. Auslöser ist eine schlichte Umfrage, die der Partei einen sachten Aufschwung auf 45 Prozent bescheinigt. Ob das ein Vorschuss der Wähler auf den künftigen starken Mann ist oder bloß die bayerische Variante der Rückkehr reuiger Kurzzeit-FDP- Anhänger zur Union, ist im Grunde egal. Entscheidend ist der Effekt. Wenn es in den Umfragen so bleibt oder sogar noch weiter nach oben geht, dann wird der Ruf nach einem neuen Retter sofort leiser. Das erklärt die derzeit wieder verdächtig gute Laune des Horst Seehofer. So lange die Lage stabil bleibt, haben die um die eigene Zukunft besorgten Mandatsträger keinen Grund, Guttenberg im Herbst beim nächsten Parteitag zur Kandidatur zu drängen.

Das trifft sich sogar mit den Interessen des Freiherrn. CSU-Chef zu werden ist eine schöne Sache; es zu sein nicht mehr unbedingt. Man muss dann Parteipositionen vertreten, ist in Mithaftung für eine instabile Koalition. Auch müsste er womöglich als Spitzenkandidat in Bayern antreten. Doch wer einmal in München inthronisiert ist, dem droht Verlandesvaterung.

So deutet einiges darauf hin, dass der Schwebezustand in der CSU vorerst anhalten wird. Seehofer darf noch eine Weile den Chef geben, Guttenberg noch eine Weile den Hoffnungsträger. Bleibt die Frage, wie lange einer Hoffnungsträger bleiben kann. Angesichts der beispiellosen Popularität des Freiherrn mag das im Moment eine ziemlich theoretische Frage scheinen. Aber Hoffnungsträger, die Hoffnungen nicht erfüllen mögen, riskieren nun mal Enttäuschungen. Der Eindruck, dass er sich womöglich nicht traute, dürfte selbst einem Guttenberg schaden. Horst Seehofer sollte seine Lebensversicherung nicht überbewerten.

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