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Dänemark: Das glücklichste Volk der Welt

Die Dänen kontrollieren ihre Grenzen, Deutschland protestiert – und ruft zum Boykott auf. Dabei ist es ein schwerer Fehler, nicht nach Dänemark zu reisen.

Das Leben fängt an, wenn das Auto auf der „Menja“ oder „Fenja“ steht. So heißen die beiden Fähren, die im 20-Minuten-Takt von Esbjerg nach Fanø fahren. Fanø ist eine dänische Nordseeinsel. Der Wind weht, die Gischt spritzt, alles wird gut.

In Deutschland melden sich in diesem Sommer Politiker zu Wort, die einen Dänemark-Boykott fordern. Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn empfiehlt, „auf der Stelle umzudrehen und lieber in Österreich oder Polen Urlaub zu machen“. Sein Protest zielt auf die neuen Grenzkontrollen, die Dänemark auf Druck der rechtspopulistischen Volkspartei eingeführt hat. Viele sehen darin einen Verstoß gegen das Schengen-Abkommen, dem Dänemark 1996 beigetreten ist. Kern des Abkommens ist die Abschaffung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen. Dänemarks Regierung versichert, deutsche Urlauber müssten keine Behinderungen befürchten.

Kritik ist das eine, Boykottaufrufe sind das andere. Die Forschheit, mit der Deutsche das Vergehen der Dänen ahnden wollen, erschreckt. An dem kleinen, vermeintlich schwachen Nachbarland soll ein Exempel statuiert werden. Arroganz mischt sich da mit Unkenntnis. Dabei sind die Dänen, abgesehen von den Grenzkontrollen, ein bewundernswertes Volk. Courage, Humanität, Freiheitsliebe, Toleranz, Fortschrittlichkeit: Von ihrem nördlichsten Nachbarn können Deutsche viel lernen.

Ein paar Beispiele: Im Oktober 1943 wurden mehr als 7000 dänische Juden vor der Internierung durch deutsche Besatzer gerettet. Viele Dänen gingen ein hohes Risiko ein, um die Verfolgten über den Øresund ins sichere Schweden zu bringen; seitdem der dänische Karikaturist Kurt Westergaard den Propheten Mohammed karikierte, wird er mit dem Tode bedroht. Im vergangenen Jahr entging er nur knapp einem Mordanschlag. Die Solidarität seiner Landsleute ist ihm weiter gewiss. In vielen dänischen Städten gibt es Co-Housing- Projekte. Es sind Mehrgenerationenhäuser, die sowohl die Betreuung der Kinder erleichtern, als auch die Abschiebung von Senioren ins Altenheim verzögern.

Während Resteuropa babymüde bleibt, besonders niedrig ist die Geburtenrate in Deutschland, bekommen dänische Frauen im Durchschnitt zwei Kinder. Die Frauenerwerbsquote ist hoch (75 Prozent), die Väter helfen oft in der Familie mit. Eheähnliche Gemeinschaften und nicht eheliche Kinder werden wie selbstverständlich akzeptiert. 1989 hat Dänemark als erstes Land der Welt die Homoehe legalisiert. Die Reproduktionsmedizin ist tolerant, die Kosten für künstliche Befruchtungen werden zu großen Teilen übernommen.

Der Krise des Euro sehen die Dänen von außen zu, ihre Arbeitslosigkeit pendelt zwischen ein und drei Prozent, der Lebensstandard ist einer der höchsten der Welt, die Staatsverschuldung relativ niedrig, mit seinen Haushaltsüberschüssen war das Land 2005 und 2006 Spitzenreiter in der EU, durch Energiesparmaßnahmen und den Aufbau großer Offshore-Windparks ist Dänemark Energieexporteur.

Kein Wunder, dass die Dänen die glücklichsten Menschen der Welt sind – und seit Jahren immer glücklicher werden. Das hat die niederländische Erasmus-Universität herausgefunden. Ein Quäntchen dieses Glücks darf der Urlauber auch aus Fanø mitnehmen. Grenzkontrollen hin oder her.

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