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Kontrapunkt: Daimler und die Dorfkultur

Die Pläne für das Mercedes-Gebäude widersprechen in wichtigen Punkten einem erfolgreichen Bürgerentscheid in Friedrichshain-Kreuzberg. Man darf über den Bau sauer sein. Die Gründe, die gegen das Hochhaus vorgebracht werden, sind allerdings noch schlechter.

Das brachenartige Viertel entlang der East Side Gallery wird sich radikal verändern. Mercedes plant ein Hochhaus direkt an der Mühlenstraße, später sollen dort weitere Blocks entstehen, immer mehr, so dass die O2-Arena, heute noch ein Solitär, irgendwann umbaut sein wird.

Die Pläne sind umstritten, sie widersprechen in wichtigen Punkten einem erfolgreichen Bürgerentscheid im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Der Senat setzt sich darüber hinweg, die Verträge mit den Bauträgern sind längst unterzeichnet, es kann nur noch geredet werden, aber nichts mehr geändert. Das ist ein guter Grund, sauer zu sein. Wesentlich schlechter sind allerdings die Gründe, die gegen das Hochhaus von Mercedes vorgebracht werden.

Erstens: Die Gegend werde "aufgewertet". Jeder, der die Gegend kennt, weiß, dass nichts leichter ist, als diese "aufzuwerten". Alles, was man dort machte, würde die Wüste zwischen Arena und Ostbahnhof aufwerten, und wenn es die Eröffnung einer Spreegarnelenbude wäre. Es ist auch nicht zu erkennen, wer durch diese Aufwertung geschädigt würde. Die Bewohner der Plattenbauten dahinter? Wohl kaum. Die Bewohner der Häuser an der Warschauer Brücke? Erst recht nicht. Aber die Stadt insgesamt würde von der Aufwertung profitieren.

Zweitens: Die neuen Häuser gefährdeten den "sozialen Frieden".
Worin soll dieser angebliche "soziale Frieden" bestehen? Darin, dass in Friedrichshain und Kreuzberg Autos abgefackelt werden, die den Hohepriestern der alternativen Dorfkultur nicht genehm sind? Oder darin, dass Häuser von Eigentümergemeinschaften demoliert werden? Der hier verteidigte "soziale Frieden" ist nichts anderes als ein ständiger, intoleranter Übergriff. Passend dazu drohen Gegner des Projekts mit dem nächsten 1. Mai.

Drittens: Der Stern auf dem Mercedeshochhaus sei "albern". Diesen diskursiven Offenbarungseid bringt der Sprecher der Initiative "Mediaspree" ein. Tatsächlich kann man der Meinung sein, dass ein wesentlich eleganteres Zeichen das überall im Bezirk zu entdeckende Anarchisten-A wäre. Nur hat dies weder so, noch so irgendetwas mit Stadtplanung zu tun. Es ist einfach nur ein alberner Beitrag.

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