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Darüber spricht ganz …: … Moskau

Elke Windisch über die seltsame Rivalität zweier Patriarchen, Alexej II und Bartholomäus.

Die Nachfrage nach ukrainischen Köstlichkeiten wie Perzowka –Wodka mit einer Pfefferschote in der Flasche – tendiert in Moskau momentan gegen Null. Denn die Hauptstädter sind noch lange nicht fertig mit der Schmach, die Alexej II, Patriarch von Moskau und ganz Russland, vor einer Woche beim Besuch der Glaubensbrüder in Kiew widerfuhr. Zunächst befahl die Stadtregierung, bereits aufgehängte Bilder seiner Heiligkeit wieder abzuhängen, dann speiste Präsident Viktor Juschtschenko den greisen und kränkelnden Oberhirten der Russisch-Orthodoxen Kirche mit einem lauen Händedruck ab.

Bartholomäus, den Patriarchen von Konstantinopel, dagegen hatte Juschtschenko tags zuvor mit Umarmung und dreifachem Wangenkuss begrüßt – durchaus mit Hintergedanken: Zuvor hatte er verkündet, er werde Bartholomäus offiziell um dessen Segen für die Gründung einer nationalen ukrainischen Kirche bitten. Bartholomäus indes ließ sich auf ein klares Ja nicht festnageln und sprach sich lediglich für die Einheit der ukrainischen Kirche aus. Aus gutem Grund: Momentan nämlich gibt es derer gleich drei.

Die Westukraine ist die feste Burg der sogenannten Uniatskirche. Sie bekennt sich zu den römisch-katholischen Dogmen und zum Papst, hält aber an der von Byzanz überkommenen orthodoxen Liturgie fest. Die Ostukraine dagegen, wo ethnische Russen Bevölkerungsmehrheit sind, steht in Treue fest zum Moskauer Patriarchat. Bis zum Ende der Sowjetunion 1991 auch zu Kiew und anderen Regionen im Zentrum der Republik. Mitte der Neunziger konstituierte sich dort jedoch eine dritte Kirche, die mit Moskau brach und unter die Fittiche des Patriarchen von Konstantinopel drängt. In ihm sehen nicht nur die Griechen, sondern auch die orthodoxen Christen der Nato- und EU-Neumitglieder und Beitrittskandidaten auf dem Balkan ihren Oberhirten. Juschtschenko, der auf schnelle Integration in westeuropäische Strukturen setzt, sieht die rebellischen Kleriker als Verbündete und unterstützt die Konstantinopel-Fraktion ohne Wenn und Aber.

Auch Bartholomäus hätte nichts dagegen, seiner Herde weitere 50 Millionen Schäflein einzuverleiben, ist bisher allerdings nicht bereit, die ukrainisch-orthodoxe zur Landeskirche aufzuwerten, was Klerus wie Politik in Kiew verlangen. Auch um Bruder Alexej in Moskau nicht zu verstimmen. Was immer die inzwischen weltweit vier orthodoxen Patriarchen trennt: Nach außen gibt man sich als Monolith. Obwohl es verdammt schwerfällt.

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