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Meinung: „Das Ergebnis meiner Partei…

Die deutsche, französische und britische Regierung sind für ihn, die Wähler im eigenen Land eher nicht. Am Wochenende haben die Ambitionen des belgischen Premiers Guy Verhofstadt auf die Nachfolge von Romano Prodi als Präsident der Europäischen Kommission einen Dämpfer erlitten.

Die deutsche, französische und britische Regierung sind für ihn, die Wähler im eigenen Land eher nicht. Am Wochenende haben die Ambitionen des belgischen Premiers Guy Verhofstadt auf die Nachfolge von Romano Prodi als Präsident der Europäischen Kommission einen Dämpfer erlitten. Verhofstadts Liberale wurden nicht nur bei den Regional- und Europawahlen in Belgien auf den dritten Platz hinter den Christdemokraten und dem fremdenfeindlichen Vlaams Blok verwiesen, Verhofstadt selbst holte ein denkbar mageres Ergebnis.

Nun ist der Lack ab bei Belgiens jungem, alerten Premier, der bisher das Image eines Hansdampfs in allen Gassen hatte. Der 51-jährige, im alltäglichen Umgang eher unkonventionelle Berufspolitiker war erst 29, als er Parteichef der Liberalen wurde. 1985 holte ihn Premierminister Wilfried Martens in sein Kabinett. Einen ersten Karriereknick erlitt er 1995, als die Christdemokraten die Liberalen bei der Regierungsbildung außen vor ließen. Verhofstadt zog sich als Thatcherist in die Toskana zurück und feierte nach vier Jahren ein Comeback: Sozialliberal gewendet gewann er die Wahlen und gründete die erste „Regenbogenkoalition“ unter Einschluss von Sozialisten und Grünen – aber ohne die Christdemokraten.

Er profitierte von der Vertrauenskrise, die die Affären um den mutmaßlichen Kindermörder Marc Dutroux und zahlreiche weitere Skandale ausgelöst hatten. Er konnte sich vor den Wahlen zugute halten, dass Belgien trotz europäischer Wirtschaftsflaute und deutsch-französischer Alleingänge beim Stabilitätspakt Jahr für Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen konnte. In der Partei regierte er mit eiserner Hand, zuletzt entmachtete er Parteichef Karel de Gucht sogar an den Parteigremien vorbei.

Das könnte Verhofstadt nun zum Verhängnis werden. De Gucht war Gegner jenes Gesetzes, das auch Nicht-EU-Ausländern die Teilnahme an Kommunalwahlen ermöglichen soll – eine Idee, die vor allem von den frankophonen Parteien als Allheilmittel gegen die radikale Rechte forciert wird. Verhofstadt hatte in diesem Punkt bei den Koalitionsverhandlungen nachgeben müssen. Nun machen viele Liberale das Einknicken Verhofstadts für ihre Wahlschlappe am Wochenende verantwortlich. Wie viele Chancen hat Verhofstadt noch auf die Prodi-Nachfolge, wenn er über Nacht im eigenen Lager dermaßen umstritten geworden ist?

Klaus Bachmann

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