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Meinung: Das Herz schlägt links, rechts, links

Von Gerd Appenzeller

Die SPD ist noch eine relativ große Partei. Deshalb glaubt sie sich auch in entscheidenden Fragen mehrere Meinungen leisten zu dürfen. Man könnte das, negativ, als Zeichen der Zerstrittenheit, oder, positiv, als Beweis für Binnenpluralität werten. So oder so hat es den Vorteil, dass die Sozialdemokraten nach der Wahl mehrere Optionen haben, und für jede einen Beleg aus Äußerungen prominenter Politiker vor der Wahl vorlegen können.

Jenen Wahlausgang, für den der Bundeskanzler kämpft, haben viele prominente Parteigenossen bereits abgeschrieben: dass die Bürger am 18. September ein Ergebnis zusammenwählen, welches Gerhard Schröder im Amt belassen würde. Auf Bundesebene wiegen Wolfgang Clement und Hans Eichel beim Klang des Wortes „große Koalition“ bedächtig zustimmend ihre Häupter, in Berlin hingegen kokettiert die lokale Parteiprominenz mit eher linken Schattierungen. RotRot-Grün jetzt nicht, sagt Klaus Wowereit. Einen Pakt mit der CDU aber bezeichnet er als GAU. Da macht sich nicht einer der Überinterpretation schuldig, wer für die Linkspartei mehr Sympathien heraushört als für die Christdemokraten.

Man kann Wowereit sogar verstehen. Tatsächlich waren die Berliner Sozialdemokraten lange in einer Art babylonischer Gefangenschaft der von Klaus Rüdiger Landowsky und Eberhard Diepgen raffiniert positionierten CDU. Die nämlich spielte in (West)Berlin die Rolle der besten SPD, die es je gab, während sie gleichzeitig die wahren Namensträger schrill und öffentlich dauernd davor warnte, mit den Postkommunisten zu paktieren.

Mit der PDS regieren tun sie nun längst und durchaus nicht ohne Erfolg. Der Parteitag der Berliner SPD hat gestern, mit der Aufstellung der Landesliste, die Stärkung dieses Kurses noch einmal unterstrichen. Der Leidtragende war Ditmar Staffelt, der bei der Kandidatur um einen chancenreichen Platz zunächst durchfiel. Blamiert wurde dadurch allerdings vor allem der Landes- und Fraktionsvorsitzende Michael Müller, der sich gegen den linken Parteiflügel nicht durchsetzen konnte. Berlins SPD folgt dem Kurs, den Klaus Wowereit vorgegeben hat. Der aber ist längst in der Nach-Schröder/Müntefering-Ära angekommen.

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