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Meinung: das nicht so gut riecht“

Es gibt ein paar Gründe, Frank Zander zu hassen. Sie heißen: „Hier kommt Kurt“, „Ich trink’ auf dein Wohl, Marie“ und „Ja, wenn wir alle Englein wären“: vertonter Brachialhumor für Schnauzbartträger mit Alkoholproblem.

Es gibt ein paar Gründe, Frank Zander zu hassen. Sie heißen: „Hier kommt Kurt“, „Ich trink’ auf dein Wohl, Marie“ und „Ja, wenn wir alle Englein wären“: vertonter Brachialhumor für Schnauzbartträger mit Alkoholproblem. Der Berliner Rundum-Entertainer hat sich nie mit feinsinnigen Kunstbemühungen aufgehalten, und auch sein neues Produkt, eine CD mit deutschen Schlagerklassikern in Death-Metal-Version, fügt dieser Bilanz nichts Wesentliches hinzu. Verächter würden allenfalls einräumen, dass er mit seiner Rammstein-Variante des SiwMalmkvist-Heulers „Liebeskummer lohnt sich nicht, my da-har-ling“, dargeboten im Duett mit Nina Hagen, erstmals direkt gegen die UN-Menschenrechtskonvention verstößt.

Doch selbst diese Verächter geben bei näherem Hinsehen auf den Menschen Frank Zander durchweg zu: eigentlich ein verdammt netter Kerl. Unkompliziert, spontan, witzig, hilfsbereit. Es ist bezeichnend für die bodenständige Art des 62-jährigen eingeborenen Berliners, dass er diese Hilfsbereitschaft nicht auf verlogenen Wohltätigkeits-Galas zur Schau stellt und auch nicht den bequemen Weg des Singens mit ausgewählten Kinderchören geht, sondern konsequent für Obdachlose eintritt: Am morgigen Donnerstag findet seine Gänsebraten-Weihnachtsfeier für etwa 2000 Gäste im Neuköllner Estrel-Hotel zum 11. Mal statt. „Das ist eine Veranstaltung“, sagt er prägnant, „die nicht so gut riecht wie die mit Kindern.“ Gemeint ist: Multimedial vermarkten lässt sich so etwas nicht. Soll es auch gar nicht. Aber das Bundesverdienstkreuz, 2002 verliehen, hat ihn doch gefreut.

Die Weihnachtsfeier für Obdachlose war zunächst eine Idee von Zanders Plattenfirma. Doch weil die Presse sie anfangs als PR-Gag missdeutete, sprang die Firma rasch ab. Zander machte ein persönliches Projekt daraus, und längst arbeitet die ganze Familie mit. Das Programm ist schnell beschrieben: Es gibt Gänsebraten satt für alle, dann werden gespendete Kleidungsstücke, Decken, Schlafsäcke verteilt, und schließlich gibt Zander einen Überblick über sein musikalisches Schaffen, der auch in diesem Jahr wieder größte Heiterkeit auslösen wird.

Seine Gäste sagen regelmäßig und glaubhaft: Das war für uns der schönste Tag des Jahres. „Nur nach Hause geh’n wir nicht“ – das ist Frank Zanders Hertha-BSC-Hymne. Den Obdachlosen wird er sie vermutlich lieber ersparen.

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