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Meinung: Das Rettende naht nicht von außen

Berliner CDU: Frank Steffel tut, was er kann – aber er kann nicht, was er tut

Einen Vorteil hat der Ausgang der Auseinandersetzung über den Rundfunkratssitz in der CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses: Er entlarvt den Burgfrieden, den die Partei erst in der letzten Woche geschlossen hat, als faulen Frieden. Dass es auf eine Kampfabstimmung herauslief, demontiert den Kompromisskurs, auf dem sich der Fraktionsvorsitzende und seine Gegner angeblich befunden haben – Frank Steffel setzt die bewährte Strategie des parteiinternen Kleinkriegs fort: Machtsicherung durch Ämter-Häufung, kein Zentimeter dem innerparteilichen Gegner. Das knappe Ergebnis offenbart aber auch das Ausmaß seiner Umstrittenheit. Das Thema Steffel, das die Berliner CDU seit der desaströsen Niederlage bei den letzten Abgeordnetenhaus-Wahlen beschäftigt, ist offenbar durch Parteitaktik nicht zu entschärfen.

Der Grund dafür liegt auf der Hand, und er hat mit dem Parteigeplänkel in der CDU nichts zu tun. Gut ein Jahr nach ihrem tiefen Sturz ist die hiesige CDU politisch eine Größe, die man getrost vernachlässigen kann. Sie hat es nicht nur nicht vermocht, sich als ernsthafter Gegenspieler des Senats zu etablieren. Sie hat es auch nicht verstanden, das Unbehagen, das dessen Amtsführung begleitet, auf ihre Mühlen zu leiten. Selbst die kleine Politisierung aus Trotz gegen den Tabubruch, die nach der rot-roten Senatsbildung in den bürgerlichen Quartieren Berlins aufflackerte, hat sich bei ihr nicht niedergeschlagen – allenfalls in Sympathie für ihren Vorsitzenden Stölzl. An diesem Versagen der CDU haben viele ihren Anteil. Aber man kann nicht bestreiten, dass der von Steffel besonders groß ist.

Dabei ist von außen schwer abzuschätzen, ob Steffel wirklich gravierende Fehler macht, ob er nur ungeschickt und unsensibel agiert oder ob er umständehalber in eine Wetterzone der öffentlichen Stimmungen geraten ist. Es ist inzwischen auch fast gleichgültig. Wenn ein Politiker mit solcher offenkundigen, nachgerade Mitleid erzeugenden Unabwendbarkeit das Schlusslicht in den Umfragen bildet, dann stellt sich irgendwann die Frage, ob er nicht seine Chance gehabt hat. Ob ihm die Ausstrahlung abgeht, die Überzeugungskraft, vielleicht auch nur die fortune, die Friedrich II. von seinen Generälen verlangte und ohne die ein Politiker nicht auskommt: Das Ergebnis jedenfalls ist fatal. Statt die Partei zu erneuern, hängt Steffel an ihr wie ein Stein. Frank Steffel ist – zu Recht oder zu Unrecht – zum Inbegriff der unattraktiven CDU geworden. Dass inzwischen auch seine Erfinder von ihm abrücken und selbst ein treuer Eckhard der CDU wie Elmar Pieroth Kritik übt, bestätigt das allgemeine, niederschmetternde Urteil.

Man kann versuchen, die Situation der CDU in Berlin schön zu reden. Also: Stölzl als Mann für die Perspektive, Steffel im Innendienst, als Fraktions-Terrier, ohne Ambitionen auf weitere Ämter; Motto: Gemeinsam schaffen wir’s – weil es keine Alternativen gibt.

Dieser Kompromiss wäre freilich nur die Kehrseite einer tief resignativen Lagebeurteilung: dass Steffel, einerseits, unfähig zu der Einsicht in das Zerstörerische seiner Rolle ist, und, andererseits, als gewählter Fraktionsvorsitzender – bis 2004 – kaum zu erschüttern ist. Kaum vorzustellen, dass es dann nicht weitergeht wie bisher: Steffel sucht durch Befestigung seiner Macht seinen Gegnern den Boden wegzuziehen, die Kritiker halten sich in der Deckung und hoffen auf die Wirkung der Antipathie, die Steffel so reichlich zuteil wird…

Aber die Auflösung der unglücklichen Situation, in der die Berliner CDU steckt, kann nicht von außen kommen. Das muss schon die CDU selbst leisten. Sehr viel Zeit hat sie dafür nicht. Der rot-rote Senat hat den Platz der Berlin-Partei im Bewusstsein der Öffentlichkeit noch nicht wirklich besetzt, erst recht nicht das Sehnsuchtsbild einer erneuerten Bürgerlichkeit, das den Horizont der Politik in Berlin bilden könnte. Aber Klaus Wowereit und sein Senat konsolidieren sich, nicht zuletzt aus Mangel an Alternativen. Bringt sich die CDU nicht bald in eine überzeugende Form, bleibt sie Berlin die Rolle schuldig, die ihre Sache wäre.

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