zum Hauptinhalt

Meinung: „Das war ein Diktat“

Er ist die wohl schillerndste Figur in der an facettenreichen Personen keineswegs armen palästinensischen Führung. Nun ist er Wunschkandidat des Präsidenten für das Amt des Vizepremiers.

Von Charles A. Landsmann

Er ist die wohl schillerndste Figur in der an facettenreichen Personen keineswegs armen palästinensischen Führung. Nun ist er Wunschkandidat des Präsidenten für das Amt des Vizepremiers.

Mohammed Dahlan soll im Sinne von Mahmud Abbas den Hamas-Politiker Ismail Hanija überwachen. Für die einen ist er der „Kronprinz“, für die anderen schlicht „Feind Nr.1“. Bei der Fatah gilt er als charismatischer Pragmatiker, bei Hamas als verachtenswerter „Verräter“. Seine Ernennung zu Hanijas Vize, wenn sie denn erfolgt, würde bedeuten, dass an den Vorwürfen, Dahlan stecke hinter dem kürzlichen Anschlag auf den Regierungschef, nichts Wahres ist. Es ist selbst bei den chaotischen Verhältnissen in den palästinensischen Gebieten unvorstellbar, dass Hanija den Mann als Aufpasser in der Regierung akzeptiert, der noch Ende Januar auf ihn schießen ließ.

Bis zum Versöhnungstreffen in Mekka – das er als Diktat der Saudis bezeichnete –, an dem er als Nummer zwei der Fatah teilnahm, war Dahlan von den Radikalislamisten zum Abschuss freigegeben worden. Noch am 4. Februar wurde sein Neffe und Fahrer Aschraf Dahlan von bewaffneten Hamas-Aktivisten entführt. Niemand ist bei ihnen so verhasst wie Dahlan, seit dieser als Chef des „Präventiven Sicherheitsdienstes“ im Gazastreifen 1995 und 1996 rund 2000 Hamas-Aktivisten festnehmen ließ als Antwort auf eine Serie von Selbstmordattacken auf israelische Busse. Dahlan, auf Befehl von Arafat handelnd, ließ ihnen die Bärte abrasieren und wurde der Folter beschuldigt. Hamas brandmarkt ihn deshalb ständig als „Kollaborateur mit dem zionistischen Besatzer“ und als „Handlanger der CIA“.

Weil der stets hochelegant gekleidete dreifache Vater der einzige enge Mitarbeiter war, der es wagte, Jassir Arafat die Stirn zu bieten, musste er immer wieder Rückschläge in seiner Karriere hinnehmen und galt mehrfach als politisch tot. Nach dem Tod des Rais etablierte er sich aber als Präsident Abbas’ Vertrauensmann für Sicherheitsfragen endgültig auf der zweithöchsten Hierarchiestufe.

Dahlan war einer der Anführer der ersten Intifada und wurde in der ersten Hälfte der 1980er Jahre elf Mal von den Israelis verhaftet und saß vier Jahre in deren Gefängnissen. Sein Millionenvermögen verdankt er vor allem Arafat. Er soll Monopol-Lizenzen für Treibstoffe und Zement erhalten und Baubewilligungen erteilt haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false