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Datenschutz: Liberal oder liberal

Der Gesetzentwurf zum Datenschutz im Internet lässt viel Raum – zur politischen Debatte. Die Vorstellung des Innenministers lautet: Das Internet ist ein öffentlicher Raum, der frei sein sollte von Restriktionen.

Thomas de Maizière, Bundesminister des Innern, ist einer derjenigen, die im Ton so gemäßigt und liberal erscheinen, dass man ihnen Kanten kaum zutraut. Dass man denkt, er wird mit dieser Art seine Sache schon hinkoalieren. Nun hat de Maizière sich aber die Kritik von Datenschützern zugezogen, und das zeigt: Leise Töne können weit tragenden Widerhall haben. Politisch.

Es geht um das Thema Datenschutz und Internet. Der Minister hat, ausgehend von der Debatte um Google Street View, einen Gesetzentwurf vorgelegt, der auf den ersten Blick nur wie eine Schärfung des Datenschutz-Instrumentariums in Zeiten der globalen Vernetzung aussieht. Allerdings beschränkt sich de Maizière auf einen Kernbereich und will der Branche viel Freiheit lassen. Weil seine Vorstellung lautet: Das Internet ist ein öffentlicher Raum, der frei sein sollte von Restriktionen.

Ja, es gibt Regelungen im Detail zum Persönlichkeitsschutz, auch die Ankündigung, bei den Themen Gesichtserkennung, Profilbildung und der Erhebung von Standortdaten in Mobiltelefonen noch tätig zu werden. Der Minister will zum Beispiel verbieten, Menschen auf der Straße über einen Gesichtserkennungsdienst für Smartphones live zu identifizieren. Doch vor allem setzt de Maizière auf eine Selbstverpflichtung der Branche. Genauer: auf den Kodex für eine selbstständige Datenaufsicht, den der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) vorgelegt hat. Nicht nur, dass dies den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder aus sachlichen Gründen nicht ausreicht – politisch ist das eben die Form von Liberalität, mit der sich de Maizière vielleicht Beifall von den Wirtschaftsliberalen in seiner Partei, der CDU, und in der FDP abholt – aber auf Kollisionskurs zu den Bürgerrechtsliberalen geht.

Nur müssen genau die jetzt beim Koalitionspartner FDP dringend gepflegt werden, von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger angefangen. Das ist taktisch wie strategisch wichtig im Kampf gegen die Grünen, die tief ins liberal-bürgerliche Lager vorgedrungen sind. Damit sind sie existenzbedrohend für die Freien Demokraten geworden.

Und das ist nur der nationale Grund. Der internationale – Stichwort: Wikileaks – wird es de Maizière nicht erleichtern, sich durchzusetzen. Hier stärkt die FDP, was die USA schwächt, die ja (siehe Wikileaks) die FDP wegen einer Neigung zum Datenschutz nahezu feindlich betrachtet haben.

Die Fragen, welche Daten wo, wie lange und von wem genommen, verwendet und gespeichert werden dürfen, sind aber jetzt aufs Neue hochbrisant. Swift (für Passagierdaten), Elena (für Arbeitnehmerdaten), Vorratsdatenspeicherung (für Terroristenbekämpfung) – schwierig, dafür Mehrheiten zu finden. Die Form der branchengeneigten Liberalität hat’s da gegenwärtig schwer. Schließlich kann die FDP argumentieren, dass restriktive Datenkontrolle die Freiheit jedes Einzelnen im öffentlichen Raum sichere. Mal sehen, wie weit welche Form der Liberalität trägt.

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