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Meinung: Daumen rauf, Daumen runter

Von Moritz Döbler

Alles hängt mit allem zusammen, und manchmal sieht man das ganz deutlich. Gestern war so ein Tag. Nach Monaten des Wartens hat sich die Horrorzahl bestätigt, die Frankreich schon vor einer Woche lancierte: 10 000 Arbeitsplätze werden bei Airbus abgebaut. In Berlin herrscht Gewissheit, dass der neue Schering-Eigner Bayer dort 950 Arbeitsplätze streicht. In Nürnberg meldete die Bundesagentur für Arbeit wie zum Kontrast den stärksten Rückgang der Arbeitslosigkeit seit Bestehen der Bundesrepublik.

Diese drei Nachrichten sagen viel über unseren Aufschwung. Die großen deutschen Konzerne, die in diesen Tagen in Rekordgewinnen schwelgen, bauen zugleich stetig Personal im Inland ab. Von Effizienz ist die Rede, aber dass Arbeitsplätze ins Ausland wandern, ist mindestens ein Teil der Wahrheit. Hierzulande entstehen auch Jobs, aber anderswo: im schlanken Mittelstand, der sich global ausrichtet. Nicht nur Siemens liefert Maschinen in alle Welt; an jeder Straßenecke findet sich ein Exportweltmeister.

Man muss beklagen, dass die frechen Manager heute die Welt AG ausrufen, morgen das Kerngeschäft rühmen und so oder so mit Millionen abgefunden werden. Aber der Quartalsdruck des Shareholder Value nötigt sie dazu. Und schaffen sie nicht genug Wert, Börsenwert, wird ihr Unternehmen geschluckt. Siehe Schering. Da dort die Übernahme teuer wurde, müssen jetzt die Kosten runter. Kalt ist das und ungerecht, aber es ist die Logik der Zahlen, die überall regiert.

Nur Airbus ist die große Ausnahme. Die Politik, nicht Louis Gallois managt den Flugzeughersteller – und das schlechter als die Gesundheitsreform. Das Sparprogramm „Power 8“ ist eine Notoperation mit ungewissem Ausgang. Die Bundesregierung rühmt sich schon, sie habe die deutschen Interessen erfolgreich vertreten, während Airbus in Frankreich zum Wahlkampfthema hochkocht. Eine betriebswirtschaftlich schlüssige Sanierung ist unter diesen Umständen ausgeschlossen. Sollte sich das bewahrheiten, trifft es jetzt nur die ersten 10 000 Airbus-Arbeiter, so bitter das ist. Heute ist übrigens wieder so ein Tag: Die Telekom will einen neuen Sanierungsplan erläutern.

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