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Barbara John, Tagesspiegel-Kolumnistin und frühere Ausländer-Beauftragte des Berliner Senats.

© dpa

Debatte um Asylbewerber: Erst ein Arbeitsverbot ist rassistisch

In Schwäbisch Gmünd sollten Asylbewerber freiwillig als Kofferträger arbeiten. Das wurde als rassistisch bezeichnet - die Stadt knickte ein. Doch fremdenfeindlich sind eher die, die dagegen protestiert haben.

In Deutschland gibt es neuerdings nicht nur ein staatliches Arbeitsverbot für Asylbewerber, sondern auch eines von selbst ernannten Rassismuswächtern. In Kraft getreten ist es vor zwei Wochen, als sich in Schwäbisch Gmünd Flüchtlinge freiwillig zum Koffertragen gemeldet hatten, um Reisenden beim Umsteigen in einem Sanierungsbahnhof zu helfen. Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge sind gesetzlich geregelt. Pro Arbeitsstunde gibt es 1,05 Euro als Aufwandsentschädigung. Im Gesetz steht sogar, dass Arbeitsfähige verpflichtet werden können.

Das allerdings war bei diesem Kofferjob nicht der Fall. Doch kaum waren die ersten Bilder der Helfer in der Presse erschienen, brach ein Sturm der Entrüstung aus. Stein des Anstoßes: Flüchtlinge schwarzer Hautfarbe schleppten die Koffer „weißhäutiger“ Reisender. War das nicht Apartheid und Kolonialismus pur im Jahr 2013?

Und wie fast immer, wenn es in Deutschland zum öffentlichen Konflikt kommt, verteidigte die Kommune ihre Aktion nicht, auch wenn sie von der Richtigkeit überzeugt war. Die Stadt entzog den Flüchtlingen die begehrten Jobs, mit großem Bedauern. Durchgesetzt hatten sich die Wächter über das, was sie für Rassismus halten. Das sieht so aus: Weil in der Vergangenheit Dunkelhäutige wegen ihrer Hautfarbe den Weißen als Sklaven dienen mussten, eines der abscheulichsten Verbrechen überhaupt, dürfen sie heute – wieder wegen ihrer Hautfarbe – für Weiße keine Dienstleistung erbringen.

Was für eine nachhaltige Fixierung auf die Farbe der Haut eines Menschen! Was für ein Grad von anmaßender Fremdbestimmung! Noch immer. Das hätte die Stadt nicht durchgehen lassen dürfen. Gewiss, der „Lohn“ ist ein Almosen. Das gilt jedoch für alle, die als Asylbewerber eine Arbeit freiwillig annehmen. Bekämen sie mehr, würde ohnehin das meiste einbehalten für die aus Steuermitteln finanzierten Lebenshaltungskosten, vergleichbar mit dem Zuverdienst bei Hartz-IV-Empfängern. Der Wert dieser Arbeit liegt woanders: im sozialen Kontakt mit der Bevölkerung. Plötzlich haben Flüchtlinge ein Gesicht. Das hilft bei der Akzeptanz.

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