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Das aktive Vergessenwerden kann einen Spagat zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit

© dpa

Debatte um Google: Analoges Recht für die digitale Welt

Wie soll man die Probleme der digitalen Welt lösen? Die Debatte um Google und Datenlöschung zeigt: Für viele digitale Beziehungen gibt es durchaus analoge Lösungen. Deshalb muss man nicht alles neu erfinden.

Die digitale Welt ist noch immer Neuland. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass alle Beziehungen, die Menschen dort unterhalten, neu gedacht und juristisch neu geregelt werden müssen. Es ist sinnvoll und nützlich, die Normen des Rechtsstaats, die sich in der analogen Welt bewährt haben, so weit wie möglich zu übertragen. Das gilt für Recht wie Unrecht. Diebstahl ist Diebstahl, ob durch Einbruch in eine Wohnung oder in ein Internetkonto. Autoren genießen Urheberschutz, ob ihre Werke gedruckt oder digital verbreitet werden. Eine Beleidigung bleibt eine Beleidigung und ein Mordaufruf ein Mordaufruf, ob sie auf Papier oder per E-Mail verschickt werden.

Ebenso bleibt Wahlrecht Wahlrecht, ob per Kreuz auf einem Wahlzettel oder per Mausklick im Computer. Und warum sollte sich das Recht auf Behördenauskunft oder Akteneinsicht nach dem Kommunikationsgerät unterscheiden? Beim Recht auf den Schutz der Privatsphäre, persönlicher Fotos und Daten gibt es Erfahrungen und eine einschlägige Rechtsprechung, was Medien dürfen und was nicht. In der Debatte über ein „Recht auf Vergessen“ im Internet können sie den Weg weisen.

Gesetze sind an Grenzen gebunden - das Internet nicht

Welche Nachrichten und Bilder Medien bisher verbreiten und archivieren durften – womit sie dem Vergessen entrissen waren –, richtete sich im Wesentlichen nach der Abwägung zwischen berechtigtem öffentlichen Interesse und individuellem Recht auf Privatsphäre. Normale Bürger genießen mehr Schutz als Personen des Zeitgeschehens. Wenn ein 17-Jähriger unter Alkoholeinfluss nachts nackt in einen öffentlichen Brunnen steigt oder anderes tut, was ihm später peinlich sein könnte, werden Medien das entweder gar nicht berichten oder auf eine Weise, die keine Identifizierung per Bild oder Namen zulässt – es sei denn, es handelt sich um einen Wimbledon-Sieger. Ähnliches gilt für ältere Männer, die im Freien pinkeln oder Fotografen prügeln, solange sie nicht Prinzen von Hannover oder hohe Politiker sind.

In der digitalen Welt stößt das Erprobte mitunter an praktische Grenzen. Gesetze sind an die Grenzen des Nationalstaats gebunden; das Internet, seine Dienstleistungsangebote und seine Suchmaschinen wirken grenzüberschreitend. Auch dieses Problem ist nicht ganz neu. Je enger sich Europa zusammenschließt, desto eher werden nationale Regeln und Traditionen durch EU-weite Rechte wie die Freizügigkeit ausgehebelt. Ein Recht, das sich nicht durchsetzen lässt, wird hohl. Wo aber analoges Recht trägt, darf man es nutzen.

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