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Debatte um Wehrpflicht: Schule der Verantwortung

Alle reden über die Wehrpflicht – warum nicht gleich über ein Pflichtjahr für alle? Jetzt könnte es dazu kommen: zur grundlegenden Revision einer die „Bundesrepublik alt“ mit begründenden Struktur.

Na, wenn jetzt doch alle historischen Bastionen geschleift werden sollen, wenn der Wehrdienst nicht mehr von allen männlichen Bürgern über 18 Jahre abgeleistet werden soll, die zu diesem Dienst als „tauglich“ gemustert werden, wenn diese Republik, die neue deutsche Bundesrepublik, so sehr in der Demokratie angekommen ist, dass eine Abkapselung ihrer Streitkräfte, dass ein Staat im Staate nicht mehr zu befürchten ist oder gefürchtet wird, wenn das Modell vom Staatsbürger in Uniform von der Zeit überholt ist – ja dann ergeben sich doch völlig neue Möglichkeiten. Zumal der Zivildienst, der zeitlich an den Grundwehrdienst gekoppelt ist, auch neu betrachtet werden muss.

Jetzt könnte es dazu kommen: zur grundlegenden Revision einer die „Bundesrepublik alt“ mit begründenden Struktur. Es könnte ein neues Fundament gegossen werden, wie es im Grunde nötig ist, um das Wort vom Gemeinwesen mit Sinn zu füllen, in der „zivilen Bürgergesellschaft“ am besten mit Gemeinsinn.

Die Helden unserer Politik aber wagen sich nur so weit vor, wie es die Finanzlage erfordert und wie es die längst bestehende Mehrheit vorzeichnet. Die Regierung muss keine Bange haben, dass sie Karl-Theodor zu Guttenbergs Wehrprojekt in Bedrängnis bringt. Einmal, weil die Wirklichkeit in der Gesellschaft – taugliche Bewerber zu finden – und die Anforderungen ans deutsche Militär durch immer mehr internationale Einsätze das Prinzip Wehrpflicht in den Streitkräften bereits ausgehöhlt haben. Zweitens, weil bis auf – ironischerweise – Guttenbergs eigene Partei, die CSU, keine andere politische Gruppierung an der Wehrpflicht festhält; aus unterschiedlichen Gründen, aber im Ergebnis doch gleich. Was die CSU, angeführt von Horst Seehofer, bestenfalls noch erreichen kann, ist eine im Grundgesetz „ruhende Wehrpflicht“ für den Fall der Fälle. Bis dahin dienen künftig Freiwillige, die sich vom Schützen an professionell vertraglich binden.

Der Zivildienst ist derweil auch nicht mehr das, was er mal war. Pflegekräfte werden dort eher nicht mehr rekrutiert.

Also wäre es doch wohl an der Zeit, über ein Pflichtjahr für alle zu reden.

Historisch belastet? Weil die Nazis von 1938 an alle Frauen unter 25 Jahren zu einem Jahr Arbeit in Land- und Hauswirtschaft verpflichteten? Oder weil es schon ab 1935 den „Reichsarbeitsdienst“ für Männer und später auch Frauen gab? So wie gegenwärtig in Deutschland diskutiert wird, dürfte sich davon eigentlich keiner mehr abschrecken lassen.

Das ist die grundlegende Idee: Jeden in der Tat zum Staatsbürger zu machen. Ein Jahr Gemeinschaftsdienst als Bürgerpflicht, ob in der Bundeswehr, bei Umweltorganisationen, in der Entwicklungshilfe, der Altenpflege. Und zwar für junge Männer und Frauen gleichermaßen; die Rolle des Mannes in Haushalt, Beziehung, in der Gesellschaft hat sich doch auch sehr geändert. Den Begriff hat schon der Publizist Ernst Elitz gefunden: eine Schule der Verantwortung.

Wird einer dafür kämpfen?

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