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Meinung: Denn er weiß, was er tut Von Gerd Appenzeller

Klaus Wowereit als der beste Wahlhelfer der Berliner CDU? Der Bundeskanzler sieht das wohl so, der Bundestagspräsident auch, und mit ihnen eine Reihe etablierter Sozialdemokraten des rechten Parteiflügels, die am 18.

Klaus Wowereit als der beste Wahlhelfer der Berliner CDU? Der Bundeskanzler sieht das wohl so, der Bundestagspräsident auch, und mit ihnen eine Reihe etablierter Sozialdemokraten des rechten Parteiflügels, die am 18. September um Wahlkreise in der Hauptstadt kämpfen wollen. Wowereits kühle Feststellung, die Linkspartei sei im übernächsten Bundestag durchaus als Koalitionspartner der SPD denkbar, kann die Christdemokraten tatsächlich nur begeistern. Wie der Moritatensänger auf dem Jahrmarkt des 19. Jahrhunderts dem erschaudernden Publikum die gräulichsten Verbrechen nacherzählte, so werden CDU und CSU jetzt dem Wahlvolk einen rotrot-grünen Regierungspakt als politisches Verderben für Deutschland vorführen.

Dass ein solches Bündnis, vorausgesetzt, die WASG/PDS-Vorstellungen zur Steuer- und Arbeitsmarktpolitik setzten sich durch, für das Land bitter wäre, steht außer Frage. Bleibt zu fragen: Sieht Wowereit das nicht? Hat ihm die Kooperation mit der PDS den Blick für die Fakten verstellt, dass er Illusionen für Visionen und die wiederum für erreichbare Ziele hält? Kaum. Anders als seine Gegner ihn zeichnen, ist Wowereit nicht Traumtänzer, sondern kühl kalkulierender Machtpolitiker. Die Kaltschnäuzigkeit, mit der er die Koalition mit der CDU beendet und die neue mit der PDS eingefädelt hat, hätte alle warnen sollen, die ihn für ein Leichtgewicht hielten.

Vielleicht ist er pragmatisch fast bis zur Grundsatzlosigkeit, aber das Prinzip Macht, das hat er verinnerlicht. Und hart, hart kann er nun wirklich sein. Deshalb weiß er, dass es praktisch völlig bedeutungslos ist, wenn Gerhard Schröder, Wolfgang Thierse und Franz Müntefering ihm zürnen. Der erste wird nach dem 18. September vermutlich nicht mehr Kanzler, der zweite nicht mehr Bundestagspräsident und der dritte wohl nicht mehr lange Parteivorsitzender sein. Die Sozialdemokraten nach dem 18. September werden sich anders als heute definieren, vermutlich offen linker, Kapitalismus-kritischer, sozialstaatlicher. Also so, wie weite Teile der Berliner Funktionärsschicht heute schon sind. Diese gewandelte SPD wird eine neue Führung brauchen, als Partei, aber auch politisch. Und sie wird dafür vielleicht jemanden suchen, der zwar aus einem traditionellen Westmilieu kommt, den Osten aber versteht und sich in der Zusammenarbeit mit der PDS auskennt. Jemanden wie Klaus Wowereit zum Beispiel.

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