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Der deutsche Sparkurs: Quietschen darf es nicht

Beim Sparen geht es darum, nicht immer die gleichen Schrauben anzuziehen, sondern ganzheitliche Entscheidungen zu treffen. Deswegen haben Bundeskanzlerin und Finanzminister recht, wenn sie Bildung und Forschung nicht antasten wollen, aber unrecht, weil sie Renten und Soziales komplett ausklammern.

Der Verteidigungsminister hat sich in vorderster Front aufgestellt. Dafür mag es taktische Gründe geben oder auch solche, die in seiner Persönlichkeit liegen. Die Blicke richten sich wieder auf ihn. Richtig ist aber auch: Er hat recht. Symbolhaftes Streichen von Einzelprojekten werde nicht reichen, sagt Karl-Theodor zu Guttenberg über die Bundeswehr. So formuliert er einen ganzheitlichen Ansatz, den sich die gesamte Bundesregierung bei ihrer Klausur in gut einer Woche zu Herzen nehmen sollte. Der Sparzwang muss Antrieb für überfällige Reformen sein. Streichen, bis es quietscht – das dagegen wäre fatal.

Für Zuversicht gibt es leider nicht wirklich viel Anlass. Man mag Guttenberg zugute halten, dass zumindest er vielleicht meint, was er sagt. Aber ein Indiz, dass der gesamten Koalition ein fiskalisches Meisterstück gelingt, ist das nicht. Hier gleicht die Bundesregierung ihren Vorgängern. Die Unfähigkeit zu sparen hat Kontinuität. Lass gut sein, Hans – diese Ansage erreichte so oder ähnlich noch jeden Finanzminister, der sparen wollte.

Nun sind die Zeiten vorbei, in denen Politik als umso moderner gilt, je größer der von ihr angestrebte Sozialabbau ist. Aber gespart werden muss eben doch, wenn allein die Ausgaben des Bundes für Renten, Soziales und Zinsen seine Einnahmen übersteigen. Und es ist falsch, von vornherein den größten Posten – gut 80 Milliarden Euro für die Rentenkasse – von der Diskussion auszunehmen. Das über Jahrzehnte gewachsene Rentensystem ist auf Dauer so nicht zu bezahlen. Es kann nicht sakrosankt sein.

Daraus folgen nicht zwingend niedrigere Renten (sie sind ohnehin gesetzlich ausgeschlossen). Aber entweder müssen die Staatszuschüsse für die Rentenversicherung sinken, oder das Beitragsaufkommen muss steigen. Ausgaben runter, Einnahmen rauf – oder beides. Die Rente mit 67 ist in Wahrheit bereits eine Rentenkürzung: Es wurde auf der Ausgabenseite zulasten der Arbeitnehmer von heute und Rentner von morgen entschieden.

Statt die Generationen gegeneinander auszuspielen und die Angst vor Altersarmut zu schüren, könnte man künftig stärker an die Einnahmenseite denken. Wenn die Deutschen mehr Kinder bekämen, wenn sie mehr Zuwanderer ins Land holten, wenn Ausländer besser integriert wären und Frauen bessere Berufschancen hätten – ja, dann würde auch mehr in die Rentenversicherung eingezahlt. Und wäre all das nicht ohnehin eine gute Idee?

Es geht darum, nicht immer die gleichen Schrauben anzuziehen, sondern ganzheitliche Entscheidungen zu treffen, die in die Zukunft weisen. Deswegen haben Bundeskanzlerin und Finanzminister recht, wenn sie Bildung und Forschung nicht antasten wollen, aber unrecht, weil sie die Riesenposten Renten und Soziales komplett ausklammern. Natürlich müssen Subventionen fallen (leider jubeln immer nur die, die es nicht trifft), und auch höhere Steuern sind geboten. Unter der letzten schwarz-gelben Bundesregierung betrug der Spitzensteuersatz 53 Prozent, heute fallen höchstens 45 Prozent an.

Bei all dem muss klar sein, dass nur Wachstum aus der Krise führt. Konjunkturpakete – das jüngste, Umfang 50 Milliarden Euro, läuft bis Jahresende – helfen allenfalls vorübergehend. Nicht Regierungen schaffen dauerhaftes Wachstum, sondern Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Hoch verschuldete Staaten haben letztlich die Wahl zwischen Konsolidierung und Inflation. Auf beiden Wegen schwinden ihre Schulden. Aber wer die Einkommen der Menschen sichern will, muss die Staatshaushalte in Ordnung bringen.

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