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Die Kirche streitet sich um Walter Mixa.

© dpa

Der Fall Mixa: Zoff und Zynismus

Was ist los mit der katholischen Kirche? Durchgeschüttelt von den Skandalen um sexuellen Missbrauch leistet sie sich auch noch diesen beispiellosen Zoff um und mit Walter Mixa. Ein Kommentar.

Da kommt vieles zusammen: zuerst die persönliche Tragik eines Menschen, der für das Bischofsamt offenbar ungeeignet war, und eine mitunter schneidend kalte Behandlung durch seine Amtsbrüder.

Wenn etwa der Münchner Erzbischof die entscheidenden Vorwürfe gegen Mixa „in dessen Interesse“ geheim hält, seinen Sprecher aber raunen lässt, Mixas „Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik ist ein erster Schritt; wir wünschen ihm weiterhin gute Genesung“, dann ist das vernichtend. Gerade Seelsorger müssten wissen: Wer in eine psychiatrische Klinik geht, braucht keinen Zynismus. Er braucht Hilfe.

Man hat, nach Kirchenart, allzu lange geschwiegen. Das erklärt die Gewalt, mit welcher der „Fall Mixa“ jetzt ausbricht. Diese Vehemenz ist neu. Schon als der Schrobenhausener Stadtpfarrer Walter Mixa 1996 zum Bischof von Eichstätt erhoben wurde, rieben sich die Schrobenhausener verwundert die Augen. Aber sie sagten nichts, weil „man“ traditionell in einer gut katholischen Gegend nichts gegen „den Herrn Pfarrer“ sagt. Als 2005 Mixas Wechsel nach Augsburg anstand, machten aus dem Eichstätter Priesterseminar Gerüchte über sexuell unziemliche Verhaltensweisen die Runde, aber bis zu den entscheidenden kirchlichen Stellen drangen sie nicht vor, weil „man“ die Weisheit des Vatikans nicht in Zweifel zieht.

Mag auch sein, dass höheren Orts Einwände nicht gehört wurden, nicht gehört werden sollten, weil sich der Vatikan in den vergangenen Jahrzehnten systematisch eingeigelt hat gegen alle Proteste, die Bischofsernennungen betrafen, und weil er – siehe Joachim Meisner in Köln – im Konflikt lieber umso stärker seinen Kandidaten durchdrückte, als einem „aufsässigen“ Kirchenvolk nachzugeben. Halten konnte sich Mixa auch des Proporzes wegen: Er stand in der Deutschen Bischofskonferenz unter dem Schutz des konservativen Flügels, der seine eigene Schwächung nicht zulassen konnte und wollte. Durch diese Selbstabschirmung ist jetzt alles viel schlimmer gekommen. Sie hat nicht nur den Ruf einer Fraktion beschädigt, sondern den der gesamten Kirche.

Nach dem Aufbrechen des Missbrauchsskandals beendet der Fall Mixa die Ära bleiernen Schweigens in der katholischen Kirche. Dass sich Bischöfe einen der ihren öffentlich zur Brust nehmen und damit die „Einheit des Episkopats“ zerreißen, wäre unter Johannes Paul II. undenkbar gewesen. Benedikt XVI. lässt das zu. Er verteidigt nicht, was nicht zu verteidigen ist; er gibt seiner Kirche einen Kurs der Selbstreinigung vor.

Welche institutionellen Reformen aber die Selbstreinigung der Kirche nach sich ziehen wird – für Bischofsernennungen, für den Dialog mit dem Kirchenvolk, für den Priesterzölibat –, dazu gibt dieser Papst keine Antwort. Benedikt XVI. schließt eine Epoche ab. Eine neue fängt er nicht an.

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