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US-Präsident Barack Obama zeigt sich solidarisch mit Trayvon Martin.

© Reuters

Obama äußert im Fall Trayvon Martin: Schwarz auf Weiß

US-Präsident Barack Obama hat deutlich wie nie zuvor über seine Erfahrungen gesprochen, als schwarzer Mann diskriminiert worden zu sein. Er kann es sich leisten, aber sonst werden ähnliche Äußerungen schnell mit Verstoßung geahndet - auch bei uns.

Es hat ein paar Schritte gebraucht, bis der Präsident der Vereinigten Staaten sich zu sagen traute, was zurzeit viele seiner Mitbürger sagen: Wir sind Trayvon Martin. Noch vor kurzem hatte er es unverbindlicher versucht: Hätte er einen Sohn, dann sähe der aus wie der 15-jährige Trayvon, der letztes Jahr in Florida von einem Bürgerwehrmann erschossen wurde, weil dieser sich von dem unbewaffneten schwarzen Jungen angeblich bedroht fühlte. Jetzt also „ich selbst vor 35 Jahren“: Der erste schwarze US-Präsident erzählt, wie er damit leben musste, dass Autoverriegelungen klickten, wenn er über die Straße ging, dass man ihm beim Einkaufen folgte. Er musste nichts tun, um Misstrauen zu erregen. Es genügte und genügt, ein Mann und schwarz zu sein.

Warum erst so zaghaft, könnte man fragen. Ganz einfach: Weil Angehörige von Minderheiten wissen, dass es nicht ungestraft bleibt, wenn sie ihr Anderssein und die Demütigungen, die das bedeutet, zum Thema machen. Das gilt für die kleinen Leute, aber erst recht für die Mächtigen und Prominenten. Es würde sie schwach erscheinen lassen und sie in einen Bezugsrahmen einsperren, der jede ihrer Leistungen kleiner macht, jedes ihrer Worte

entwertet: „Na gut, für einen Schwarzen hat er es weit gebracht“ oder „Nun ja, als Frau“. Das hat auch Angela Merkel gewusst und lange peinlich vermieden, das Offensichtliche auszusprechen: Dass sie eine Frau ist und damit ein Fremdkörper, eine die nicht dazu- und, bei Lichte besehen, auch gar nicht da hingehört, wo sie ist. Darüber zu reden, hieße auch über die Karrieren der anderen reden: Dass nicht ihre Leistung entscheidend war, sondern dass sie weiße Männer sind. Das sind Provokationen, die rasch mit Verstoßung geahndet werden.

Für Obama wie Merkel ist das heute nicht mehr hochriskant. Obama hat seine Rede über Trayvon dennoch mit viel Vorsicht in Richtung jenes Gerichts versehen, das den Mann freisprach, der ihn erschossen hat. Wesentlich ist: Er hat gegen den anhaltenden Rassismus seines Landes das wirksamste Zeugnis abgelegt. Deutschland hat noch keine schwarze Bundespräsidentin. Wir könnten aber unsere Ärztinnen, Lehrer, Manager „of colour“ zu ihrem Leben fragen. Oder den türkischen Gemüsehändler.

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