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Meinung: Der Kloner und die Doktorandin

Woo Suk Hwang soll sich illegal Eizellen besorgt haben

Alexander S. Kekulé Woo Suk Hwang ist einer der berühmtesten Forscher der Welt. Gemeinsam mit seinem Kollegen Shin Yong Moon veröffentlichte er im Februar 2004 eine wissenschaftliche Sensation: die Herstellung von Stammzellen aus einem geklonten menschlichen Embryo. Der gelernte Veterinärwissenschaftler wurde mit Preisen überschüttet. Das „Time“-Magazin setzte ihn auf die „A-Liste der einflussreichsten Menschen der Welt“. Daran änderte auch der massive Protest von Bioethikern und der katholischen Kirche nichts – Hwangs Nominierung für den Nobelpreis galt als so sicher wie das Amen in der Kirche.

Obwohl die (in Deutschland verbotene) Methode auch in den USA, Israel, Großbritannien und vielen anderen Ländern erlaubt ist, gelang niemandem die Wiederholung von Hwangs Experiment. Sein Erfolgsrezept waren nämlich weder die Labormethoden noch der berüchtigte Arbeitseifer seines Teams. Das Geheimnis seines Erfolges waren Koreas Frauen: Allein für das berühmte Experiment hatten 16 Spenderinnen 242 Eier zur Verfügung gestellt. Für eine weitere Arbeit aus diesem Jahr wurden 185 Eier verbraucht. Hwang hatte immer wieder betont, die Eientnahmen seien – gemäß den internationalen ethischen Standards – unentgeltlich und ohne jeden Vorteil für die Spenderinnen gewesen, freiwillige Opfer für die Nächstenliebe und den Ruhm der Nation.

Am vergangenen Samstag jedoch hat der Forscherstern Asiens einen hässlichen Kratzer bekommen. Hwangs langjähriger Mitstreiter Gerald Schatten von der Universität von Pittsburgh kündigte ihm öffentlich die Zusammenarbeit. Schattens Vorwurf schlug ein wie eine Bombe: Der Südkoreaner habe sich die Eizellen für seine Experimente auf unethische Weise beschafft. Schatten bezog sich auf den bereits früher aufgetauchten Verdacht, einige der Eizellen stammten von weiblichen Untergebenen aus Hwangs Institut. Weitere Einzelheiten wollte der Amerikaner nicht nennen, da die Aufsichtsbehörde den Fall untersuche.

Bereits im Mai 2004, drei Monate nach der bahnbrechenden Veröffentlichung, hatte die renommierte Fachzeitschrift „Nature“ eine Doktorandin aus Hwangs Labor mit der Behauptung zitiert, sie selbst und eine weitere Mitarbeiterin seien unter den 16 Eispenderinnen gewesen. Hwang bestritt damals den Vorwurf vehement. Wenig später zog die Doktorandin ihre Behauptung zurück mit der Begründung, sie habe die Frage missverstanden, weil ihr Englisch nicht so gut sei. Wie „Nature“ berichtet, hatte sie jedoch zuvor voller Stolz die Eientnahme in allen Einzelheiten geschildert.

Wenn sich der Vorwurf bewahrheitet, wäre das ein schwerer Rückschlag für das therapeutische Klonen, das ohnehin in der Kritik konservativer Bioethiker steht. Die Entnahme von menschlichen Eiern ist ein belastender und nicht ungefährlicher Eingriff. Durch Hormonspritzen werden die Eierstöcke gezwungen, statt einem bis zu 20 Eier zu produzieren, die dann mit einer Nadel entnommen werden. Entzündungen, Unfruchtbarkeit, Thrombosen und Schlaganfall gehören zu den Komplikationen. Die gängigen ethischen Standards verbieten deshalb, Eispenden von abhängigen Mitarbeiterinnen zu akzeptieren. Der Missbrauch wäre sonst programmiert, nicht nur in den autoritären Gesellschaften Südostasiens.

Die Klonstars Hwang und Moon schweigen bisher zu den Vorwürfen. Möglicherweise haben sie guten Grund dafür. Im Januar dieses Jahres ist in Südkorea ein Gesetz in Kraft getreten, das den Handel mit menschlichen Eiern unter Gefängnisstrafe stellt. Seitdem ermittelt die koreanische Polizei bereits in 25 Fällen wegen illegalen Eierhandels. Einer der Verdächtigten hat bereits ein Teilgeständnis abgelegt: Sung Il Roh. Er ist Direktor einer angesehenen Frauenklinik in Seoul – und Hauptlieferant der Eier für Hwangs berühmte Experimente.

Der Autor ist Institutsdirektor und Professor für Medizinische Mikrobiologie in Halle. Foto: J. Peyer

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