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Gregor Gysi.

© dpa

Der Linken-Fraktionschef und die Stasi: Neue Fakten im Fall Gysi

Gregor Gysis Stasikontakte sind wieder Thema. Besonders im Wahljahr lässt sich dieser Fall gut erneut aufrollen. Auch weil sich der prominente Linke heute anders äußert als früher.

Von Matthias Meisner

Lothar Bisky hat vor 18 Jahren wohl noch nicht geahnt, dass Gregor Gysis Stasikontakte auch im nächsten Jahrtausend noch ein Fall sein würden. Einer, der sich besonders gern in Wahljahren neu aufwärmen lässt. Der damalige PDS-Vorsitzende klagte 1995 über die Auseinandersetzung mit seinem Genossen: „Die Richter sitzen in den Redaktionen der Medien.“ Und: „Die Fakten wurden und werden verdreht, die Einheitsfront der politischen Gegner arbeitet verbissen.“

Nichts Neues seitdem, wie die Linkspartei glauben machen will? Das ist falsch: Denn die Verteidigungslinie, nach der er zunächst beharrlich eine Inoffizielle Stasimitarbeit leugnete – die ihm auch nie nachgewiesen werden konnte –, veränderte der prominenteste Linke selbst nach und nach. 2008 behauptete Gysi im Bundestag: „Ich brauchte keine Kontakte zur Staatssicherheit. Sie waren gar nicht nötig, entsprachen weder meinem Stil noch meiner Würde.“ Gebraucht hat er sie vielleicht nicht – aber er hatte sie. Vier Jahre später versicherte er an Eides statt, „zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet“ zu haben. Ob das wirklich so stimmte, ermittelt gerade die Staatsanwaltschaft in Hamburg.

Geklärt werden wird der Fall vor der Wahl am 22. September mutmaßlich nicht. Die SPD hat schon recht, wenn sie feststellt, dass die Linke ihren Sympathieträger gar nicht zurückziehen kann, weil sie sonst erledigt wäre. Die Hamburger Ermittler pochen auf Zeit, auch für sie geht es nicht um einen Feld-, Wald- und Wiesen-Fall. Und der Stasiaktenbeauftragte Roland Jahn? Er wird, so sie denn 24 Jahre nach der Wende in seiner Behörde zu finden sind, neue Dokumente herausgeben, sich ansonsten aber zurückhalten. Vor fünf Jahren hat seine Vorgängerin Marianne Birthler dem Bundestag mitgeteilt, dass sie keine wesentlichen neuen Hinweise zur Frage habe, ob Gysi für den Staatssicherheitsdienst tätig war – damals wollte die Union ein neues Verfahren. Erst im Dezember hat der Bundesgerichtshof Jahn bescheinigt, dass die Presse seinen Auskünften „gesteigertes Vertrauen“ entgegenbringen darf. Da ging es – noch – nicht um Gysi, sondern um einen seiner Genossen.

Von Jahn ist also auch kein Urteil zu erwarten. Doch so lange Gysi für die Linkspartei auf der Bühne steht, wird sein Fall nicht verjährt sein.

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