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Meinung: Der Nahe Osten wartet auf unsere Unterstützung

Europa und Amerika haben eine lange Liste gemeinsamer Aufgaben Von Daniel R. Coats

Die Europäische Union hat eine neue Kommission. In den Vereinigten Staaten ist Präsident Bush in seine zweite Amtszeit eingeführt worden. Er wird Deutschland während seiner ersten Reise nach seiner Amtseinführung besuchen. Dieser Besuch im Februar wird seinen politischen Willen betonen, auf den gemeinsamen Werten von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten aufzubauen und mit den europäischen Verbündeten und Partnern bei der Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts eng zusammenzuarbeiten. Das ist ein guter Zeitpunkt für Neuanfänge, die Suche nach Gemeinsamkeiten und den Blick nach vorne.

Die europäischen Freunde möchten, dass die Amerikaner das Ausmaß der jüngsten Errungenschaften Europas anerkennen – eine Verfassung, eine stabile gemeinsame Währung, ein europäisches Parlament, dass seinen Platz findet, einen florierenden Binnenmarkt mit 450 Millionen Bürgern und die erfolgreiche Eingliederung der osteuropäischen Staaten, von denen viele einst unter kommunistischer Herrschaft standen. Vor kurzem fungierten EUPolitiker als Mittler bei der Staatskrise anlässlich der Wahlen in der Ukraine und trugen so dazu bei, die Vorzüge der Demokratie im Osten zu verbreiten.

Die Amerikaner möchten, dass die Europäer den amerikanischen Beitrag zu Sicherheit, Wohlstand und Entwicklung anerkennen. Durch die Arbeit mit internationalen Organisationen hat die Regierung Bush die Welt zur Bekämpfung des Terrors mobilisiert, zur Rettung der WTO-Verhandlungen in Doha beigetragen und bedeutende Entwicklungsinitiativen eingeleitet, wie beispielsweise die Millennium Challenge Corporation und eine globale HIV/Aids- Kampagne, der Mittel in Höhe von 15 Milliarden Dollar zur Verfügung stehen.

Die offizielle Entwicklungshilfe der Vereinigten Staaten ist seit dem Jahr 2000 um 60 Prozent gestiegen. Als Reaktion auf die Naturkatastrophe in Südostasien, eine menschliche Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes, haben die Vereinigten Staaten 350 Millionen Dollar für Hilfsmaßnahmen und den Wiederaufbau zugesagt. Außerdem hat das US-Militär zur Unterstützung bei den Bergungsmaßnahmen zahllose weitere Hilfsleistungen für die Region bereitgestellt. Amerikaner aus allen gesellschaftlichen Bereichen haben großzügig Millionen Dollar für Hilfsmaßnahmen und den Wiederaufbau gespendet und somit zu den großzügigen Spenden aus aller Welt beigetragen.

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten sind die engste transatlantische Partnerschaft, die es auf der Welt je gab. Es ist schwer, sich die Herausforderungen vorzustellen, vor denen wir ohne eine starke Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Europa stehen würden – eine Partnerschaft, die wir nicht als selbstverständlich betrachten dürfen. Ich möchte einige Beispiele für erfolgreiche Zusammenarbeit nennen:

Für den Sieg im Krieg gegen den Terror müssen wir zusammenarbeiten wie nie zuvor, um die Finanzierungsquellen der Terroristen auszutrocknen und Sicherheitsbedrohungen abzuwenden, bevor sie an unsere Küsten gelangen. Wir müssen neue, engere Kooperationsmuster zur Bewegung von Fracht und Personen entwickeln. Wir müssen Reisedokumente sicherer machen und Passagierlisten auf potenzielle Terroristen überprüfen, gleichzeitig aber den Datenschutz respektieren.

Zur Stärkung unserer Wirtschaftspartnerschaft müssen wir die Doha-Runde der WTO abschließen. Dazu zählt die Abschaffung von Agrarexportsubventionen, eine erhebliche Reduzierung handelsverzerrender nationaler Unterstützungen und die Verbesserung des Marktzugangs.

Für neue Ideen müssen die Regierungschefs auch die Zivilgesellschaft und Unternehmen heranziehen, um einen Kurs und Ziele für die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen im kommenden Jahr festzulegen, wozu wir uns im Juni beim US-EU-Gipfel in Irland verpflichtet haben. Die Vereinigten Staaten und Europa haben Umsatz- und Investitionsbeziehungen in Höhe von 2,5 Billionen Dollar. Wir beschäftigen mehr als 12 Millionen Bürger des jeweils anderen Landes. Ganz eindeutig steht zu viel auf dem Spiel, als dass man einfach den Kopf in den Sand stecken dürfte.

Zur Förderung von Reformen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika müssen wir das beim G-8-Gipfel in Sea Island (Georgia) diesen Sommer gegebene Versprechen einlösen. Wir verpflichteten uns zur Gründung eines Forums für die Zukunft, in dem führende Vertreter der Region und der industrialisierten Welt zusammenkommen werden, nicht um Vorträge zu halten, sondern um darüber zu sprechen, wie man Chancen und Wohlstand im Nahen Osten fördern kann. Marokko war vor kurzem Gastgeber des ersten von hoffentlich vielen Foren in der Region.

In der Zwischenzeit müssen wir uns weiter auf eine gerechte und friedliche Beilegung des arabisch- israelischen Konflikts konzentrieren, auf der Grundlage von zwei demokratischen Staaten – Israel und Palästina – die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben.

Um zu gewährleisten, dass politische und wirtschaftliche Reformen in Afghanistan und im Irak nicht nachlassen, müssen wir unsere Unterstützung für den Wiederaufbau, die Sicherheit und die Wahlen aufrechterhalten. Europäische und amerikanische Truppen, darunter Nato-Truppen unter einem französischen Befehlshaber, sind in Afghanistan vor Ort.

Die Demokratie war für die meisten Afghanen einst ein ferner Traum, aber im Oktober beteiligten sich mehr als acht Millionen Männer und Frauen an der Präsidentschaftswahl. Im Frühjahr finden Wahlen zu einem neuen Parlament statt. Auf dem Weg voran müssen die Bestrebungen der internationalen Gemeinschaft fortgesetzt werden, das Land von Drogen zu befreien, die Bürger durch Polizei zu schützen und ehrliche Gerichte aufzubauen.

Wir können nichts gewinnen, indem wir die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vereinigten Staaten und Teilen Europas über den Irak beschönigen, aber diese Differenzen sollten uns nicht davon abhalten, die vor uns liegenden Aufgaben in Angriff zu nehmen. Europa und die Vereinigten Staaten haben ein gemeinsames Interesse an der Förderung eines stabilen und demokratischen Irak. In den jüngsten Diskussionen zwischen 20 Nationen in Scharm el Scheich in Ägypten haben wir dies gesehen. Wir haben es im November gesehen, als die EU dem irakischen Ministerpräsidenten Allawi ein 30-Millionen- Euro-Paket zur Unterstützung der Wahlen und zusätzliche 200 Millionen Euro zur Förderung des Wiederaufbaus im Jahr 2005 überreichte. Und am deutlichsten haben wir es gesehen, als die Gläubiger des Pariser Clubs, darunter viele EU-Mitglieder, eine historische Vereinbarung zum Erlass von 80 Prozent der Schulden des Irak erzielten.

Wir können auf diesen Erfolgen aufbauen. Es ist tatsächlich die richtige Zeit für Neuanfänge, beginnend damit, dass Amerika und Europa gemeinsam voranschreiten. Meines Erachtens ist das der beste Weg, um zu gewährleisten, dass Frieden und Wohlstand gedeihen. Es ist der einzige Weg nach vorne.

Der Autor ist seit September 2001 Botschafter der USA in Deutschland. Er kehrt demnächst nach Amerika zurück.

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