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Meinung: Der Napoleon-Komplex

Warum die drittgrößte chinesische Ölfirma unbedingt 18 Milliarden Dollar ausgeben will

Die Infrastruktur vergleichbar mit der der Ersten Welt, die Löhne auf der Höhe der Dritten Welt: Es ist kein Wunder, dass die chinesischen Unternehmen zurzeit ziemlich dynamisch aus dem eigenen Land herauswachsen. Eine Hand voll von ihnen macht sich mit dem Segen und der aktiven Unterstützung der Pekinger Regierung auf den Weg, Weltmarktführer ihrer jeweiligen Branche zu werden – durch Wachstum, durch Übernahmen oder durch den Kauf weltweiter Vertriebskanäle oder von Markenrechten für ihre Produkte.

CNOOC, der drittgrößte chinesische Ölkonzern, ist eines dieser Unternehmen. CNOOC entstand im Jahr 1982, Gründungszweck war die Erschließung überseeischer Öl- und Gasvorkommen. Die Firma ist gestern ihrem Plan, die amerikanische Firma Unocal für 18 Milliarden Dollar zu übernehmen, einen großen Schritt näher gekommen. Gelingt die Übernahme, wäre innerhalb von gut zwanzig Jahren einer der größten Erdgaskonzerne im asiatisch-pazifischen Raum entstanden. Es wäre die größte Übernahme, die ein chinesisches Unternehmen bisher gewagt hat.

Das Vorhaben folgt der Strategie der chinesischen Wirtschaftspolitik, die Energie- und Rohstoffversorgung des Landes langfristig zu sichern. Der enorme chinesische Bedarf an Energie und an Rohstoffen sorgt im Augenblick für Höchstpreise auf den Weltmärkten – und für den Wunsch der Chinesen, möglichst unabhängig von den Schwankungen und Restriktionen dieser Märkte zu werden.

CNOOC hat sich durch verschiedene Übernahmen im vergangenen Jahr in den Ölfördergebieten vor den Küsten Indonesiens und Australiens genauso etabliert wie in der kanadischen Provinz Alberta. Wird nun Unocal gekauft, bekommt CNOOC Zugang zu weiteren großen Erdgasreserven in Thailand und Indonesien – und zum amerikanischen Markt.

Es ist nicht besonders erstaunlich, dass sich in den USA inzwischen politischer Widerstand gegen die neuen Spieler auf dem Weltmarkt regt, die offenbar kein bisschen Angst mehr davor haben, in wirklich großen Kategorien zu denken. Zumal der Gegner im Bieterwettbewerb um Unocal der zweitgrößte amerikanische Ölkonzern Chevron Texaco ist.

Chinas Regierung dagegen schätzt, dass sich der Energieverbrauch des Landes bis zum Jahr 2020 verdoppeln wird. Die Sicherung des Nachschubs hat hohe Priorität. Denn China verfügt zwar über eigene Reserven, die aber bei weitem nicht ausreichen werden, um den geschätzten Bedarf zu decken. Um ganz sicher zu gehen, unterstützt die chinesische Regierung die Auslandsinvestitionen tatkräftig – etwa, indem die Kooperationspartner der Firmen in China für einige Jahre von der Steuer befreit werden.

Woher das Geld kommt? Seit Jahren ist China damit beschäftigt, seine enormen Dollarreserven im Ausland anzulegen: Die Chinesen haben die PC-Sparte von IBM gekauft, sie haben mit der britischen Autofirma Rover kokettiert und beim Flugzeugbauer Fairchild Dornier nach der Übernahme Lehrgeld bezahlt – das Unternehmen wurde liquidiert.

Inzwischen aber attestieren Experten der Regierung und den Unternehmen planvolleres Vorgehen. So schickt China seine Studenten systematisch ins Ausland, damit die so die Sprache, die Kultur- und Managementtechniken des Weltmarktes erlernen. Das CNOOC-Management beispielsweise besteht zum größten Teil aus Managern, mit Auslandserfahrung.

Aber auch das klappt nicht immer: Die Regel, dass jede zweite Fusion oder Übernahme am Ende schief gehe, gelte für die Übernahmen aus China auch, sagen China-Experten. Mindestens.

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