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Meinung: Der Pillenklick

Der Internet-Händler Doc Morris könnte das Monopol der Apotheken knacken

Er nennt sich Doc Morris. Aber medizinische Hilfe erwarten die deutschen Apotheker von dem Holländer nicht – ganz im Gegenteil: Die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände hält die niederländische Versandapotheke Doc Morris, die gerade eine erste Filiale in Deutschland eröffnet hat, für eine große Bedrohung. Für den deutschen Verbraucher, für das deutsche Rechtssystem und vor allem für den bislang vor Wettbewerb bestens geschützten Berufsstand der Apotheker, der durch den vorwitzigen Doc schneller in Bewegung kommen könnte, als den Apothekern lieb ist.

Deshalb geht es in dem aktuellen Streit zwischen den Apothekern und Doc Morris, über den am heutigen Mittwoch zum ersten Mal ein Gericht entscheidet, um viel mehr als nur um die Frage, ob ein Holländer in Saarbrücken eine Apotheke betreiben darf oder nicht. Es geht um Grundsätzliches: um mehr Wettbewerb auf dem Apothekenmarkt und damit vielleicht auch um niedrigere Pillen-Preise.

Mit Doc Morris hatte vor einem Monat erstmals ein ausländischer Arzneimittelhändler eine Filiale in Deutschland aufgemacht – dank einer Sondergenehmigung des saarländischen Gesundheitsministers Josef Hecken, der das mit der europäischen Niederlassungsfreiheit begründete. Doch die Apotheker wollen die Holländer mit allen Mitteln stoppen. Sie befürchten zu Recht, dass es mit der Ruhe im Apothekenpark Deutschland – lange Zeit durch strikte Gesetze sorgsam gepflegt und geschützt – bald vorbei sein könnte. Wenn sie den Streit verlieren, könnten auch andere Anbieter aus dem Ausland auf die Idee kommen, in Deutschland Filialen zu eröffnen. Mit dramatischen Folgen.

Bislang mussten die Apotheker Konkurrenz kaum fürchten. Nicht nur, dass streng festgelegt ist, was verschreibungspflichtige Pillen kosten und was Apotheker an ihnen verdienen dürfen. Das deutsche Recht schreibt auch vor, dass der Pillenverkauf hierzulande exklusiv dem Apotheker vorbehalten ist. Er darf nur eine Apotheke besitzen und muss sie auch persönlich führen, da sonst die Gesundheit von Mensch und Tier gefährdet sein könnten. In den USA gibt es dagegen bereits viele Apotheken, die Supermarktketten angeschlossen sind. Dass Amerikaner deshalb kränker sind, ist nicht bekannt. Dass Deutsche dümmer sind und deshalb besonders gut geschützt werden müssen, auch nicht.

Gut geschützt haben sich aber die Apotheken in Deutschland prächtig entwickelt. Der Gesamtumsatz steigt kontinuierlich, in kaum einem anderen Land ist die Apothekendichte so groß wie hier.

Es ist gut, dass nun Gerichte entscheiden werden, ob auch in Deutschland künftig mehr Wettbewerb möglich sein darf. Die große Koalition, die sich doch vorgenommen hatte, das Gesundheitssystem wettbewerbs- und damit zukunftsfähiger zu machen, hat sich dieser Aufgabe nicht gestellt. Nun könnte sie dazu gezwungen werden.

Maren Peters

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