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Meinung: „Der Sport muss mit einer Stimme sprechen“

Mit einem amüsierten Unterton kommentiert Manfred von Richthofen die politischen Sondierungsgespräche in Berlin. „Wir sind schon in Koalitionsverhandlungen“, sagt der Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB).

Mit einem amüsierten Unterton kommentiert Manfred von Richthofen die politischen Sondierungsgespräche in Berlin. „Wir sind schon in Koalitionsverhandlungen“, sagt der Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB). Auch er will eine große Koalition bilden; heute treten die Gespräche in Frankfurt am Main in die entscheidende Phase ein. Die Sportverbände sollen sich zu einem neuen Dachverband zusammenschließen – das hat die Politik im Namen des Steuerzahlers verlangt, das haben viele Funktionäre nach dem schwachen Abschneiden des deutschen Teams bei den Olympischen Spielen in Athen eingesehen. Noch in diesem Jahr sollen sich Richthofens DSB und das Nationale Olympische Komitee (NOK) selbst auflösen und zum Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zusammentun. „Da fallen viele Gremien weg“, sagt von Richthofen. So erklärt sich der altgediente Funktionär auch den gerade wachsenden Widerstand.

Pünktlich vor dem heutigen Spitzentreffen der Verbände gibt es Proteste. Die Landessportbünde der Bundesländer, bisher mit reichlich Macht im DSB ausgestattet, sehen im neuen Verband ihren Einfluss schwinden und fordern eine Sperrminorität. Andernfalls drohen die Landesfürsten mit der Aushebelung des Zeitplans oder gar dem Boykott des Projekts. Für von Richthofen wäre das eine schmerzliche Niederlage. Schon einmal hat er vergeblich versucht, den Sport auf eine gemeinsame Linie einzuschwören. Doch 1996 war das NOK nicht bereit, seine Eigenständigkeit aufzugeben. Nun bleibt dem 71 Jahre alten Funktionär nur noch eine letzte Möglichkeit, seine Karriere mit der Fusion zu krönen.

Der einstige Hockeyspieler wechselte in den siebziger Jahren in die Verbandspolitik. Vom Chefsessel des Berliner Landessportbunds aus schaffte er es 1994 an die Spitze des DSB; dort baute er sich ein engmaschiges Beziehungsgeflecht auf. „Baron“ nennen ihn viele Begleiter ehrfürchtig – nicht nur in Anspielung auf seinen Onkel Manfred von Richthofen, der als „Roter Baron“ ein Jagdgeschwader im Ersten Weltkrieg kommandierte. Nun, nach vielen Volten in der Verbandspolitik und einem durchaus erfolgreichen Lobbying im Berliner Politikbetrieb, muss von Richthofen das Feld des Sports übergeben. „Mir geht es nicht um die Geschichtsbücher, ich bin ja nicht Helmut Kohl“, beteuert der Freiherr, wieder mit amüsiertem Unterton. „Aber ein Vermächtnis wäre ein neuer vereinter Verband schon.“

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