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Meinung: Der Stern von Bethlehem war doch kein Ufo

Noch ist das Klonen von Menschen nicht möglich. Ein weltweites Verbot muss dennoch kommen/ Von Alexander S. Kekulé

WAS WISSEN SCHAFFT

Die Weihnachtsgeschichte von der Geburt des ersten Klonkindes war medientechnisch ein Volltreffer: „Uns ist ein Kind geboren“, mit Namen Eva. Jetzt steht das verdutzte Publikum mit einer Gewissheit und drei Fragen da: Die Ufogläubigen Raëlianer können die Weltpresse für ihre Public Relations einspannen, soviel ist sicher. Aber können sie auch Menschen klonen? Und wenn sie es können, warum wäre es unethisch? Und wenn es unethisch ist, warum wird es dann nicht überall verboten?

Die erste Frage ist schnell beantwortet: Sie können es nicht, ohne Wenn und Aber. Die Technik des Klonens ist extrem schwierig und muss für jede Tierart neu entwickelt werden. Als einige der weltbesten Experten auf dem Gebiet vor einem Jahr eine geklonte menschliche Zelle herstellten, starb diese bereits nach der zweiten Teilung. Dass ein genialer Doktor Frankenstein für die Raëlianer ein Klonkind erzeugt hat, ist ebenso glaubwürdig wie die Behauptung, der Stern von Bethlehem sei ein Ufo gewesen.

Die ethische Bewertung des Klonens ist dagegen nicht so einfach. Natürlich sind alle Christen, Humanisten und vernünftigen Wissenschaftler dagegen. Aber warum eigentlich? Das gegen die Stammzellen–Forschung angeführte Menschenrecht auf Leben greift hier nicht, da ja kein Embryo getötet, sondern im Gegenteil neues Leben erschaffen wird. Die bei Tieren beobachteten Nebenwirkungen – zum Beispiel Missbildungen, verkürzte Lebenserwartung und Tumore – könnten eines Tages beherrschbar sein. Schließlich gibt es eineiige Zwillinge auch in der Natur. Was ist also dagegen einzuwenden, wenn von einem Menschen ein jüngeres Zwillingsgeschwister geschaffen wird?

Zwei gewichtige Argumente: Erstens müssten die schweren Nebenwirkungen bei hunderten von „Fehlversuchen“ in Kauf genommen werden, bevor das Menschenklonen – möglicherweise – eines Tages funktioniert. Zwar sind Opfer in der Medizin keine Seltenheit – auch bei den ersten Polioimpfungen wurden dutzende von Kindern schwer geschädigt, heute ist die Krankheit fast ausgerottet. Derartige Menschenversuche können durch die Aussicht auf Heilung einer schweren Krankheit gerechtfertigt sein – jedoch nicht durch den schlichten Wunsch, von sich selbst oder einem anderen eine lebende Kopie herzustellen.

Zweitens ist der harmlose Vergleich mit dem Zwillingsgeschwister schlicht falsch. Bei der Klonierung wird ein Zellkern, der die väterlichen und mütterlichen Gene enthält, in das Ei einer dritten Person – der Ersatzmutter - eingepflanzt. Dabei werden bestimmte Gene der Ersatzmutter (aus den Mitochondrien) mit in den Nachwuchs gemischt: Klonkinder hätten daher nicht nur zwei genetische Eltern, sondern Erbinformationen von drei Individuen. Es ist durchaus möglich, dass dieser künstliche Gen-Mix erst nach einigen Generationen erkennbare Erbfehler hervorbringt. Davon abgesehen wäre die Erzeugung einer künstlichen Spezies mit der Menschenwürde und dem Gleichheitsprinzip absolut unvereinbar.

Trotzdem blockiert die Bush-Regierung ein weltweites Verbot des reproduktiven Menschenklonens: Sie will nur zustimmen, wenn auch das therapeutische Klonen verboten wird, bei dem Embryos für Ersatzgewebe geopfert werden. Dagegen wehren sich die Forscher im eigenen Land: Wenn für neue Heilmethoden oft Gesundheitsschäden und Todesfälle in Kauf genommen werden, muss auch über die Opferung von wenige Tage alten Embryos nachgedacht werden. Für sie liegt die ethisch entscheidende Grenze dort, wo der Mensch das Erbgut nachfolgender Generationen, also seine Art verändert – etwa durch reproduktives Klonen.

Damit ist die dritte Frage der Weihnachtsgeschichte beantwortet: Klonen ist erlaubt, weil der mächtige Teil der Welt – im Gegensatz zur Ufo-Sekte – noch keine klare Meinung dazu hat. Aber das wird sich durch die Lügengeschichte vom Klonkind hoffentlich ändern – Raël sei Dank.

Der Autor ist Direktor des Instituts für Mikrobiologie an der Uni Halle. Foto:J. Peyer

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