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Mit dem Fahrrad ist das Vorwärtskommen naturgemäß erschwert.

© dpa

Ich habe verstanden: Der Winter - das unbekannte Wesen

Der Winter ist da, und wie jedes Jahr stehen die Berliner vor einem Rätsel: Was ist das? Und was kann man dagegen tun? Matthias Kalle bekommt eher das Frösteln, wenn er an Fifa-Funktionäre denkt.

Mit der Kälte und dem Winter kommt zwar nicht der Tod, aber es kommt etwas anderes, etwas, von dem ich noch nicht genau weiß, was es eigentlich ist. Es ist, so viel steht fest, nichts Gutes. Seit drei Tagen ist Winter in Berlin, nicht zum ersten Mal, auch nicht zum zweiten Mal, es gab in dieser Stadt schon öfter Winter. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, denn Berlin uns seine Bürger stehen jedes Jahr, wenn der Winter kommt, vor einem Rätsel. Es lautet: Was ist das? Und was kann man dagegen tun?

Anders ist das alles ja nicht zu erklären - das plötzlich alles zusammenbricht, wenn ein bisschen Schnee fällt und die Temperatur auf unter null Grad sinkt. Für viele scheint das alles zum ersten Mal zu passieren, oder aber sie vergessen, wie das vor einem Jahr war, als ähnliche Zustände herrschten. Sie vergessen, dass sie auch damals nicht mit dem Fahrrad fahren konnten - und tun es wieder. Sie vergessen, dass es glatt auf den Straßen ist - und fahren wieder wie die ersten Menschen. Sie vergessen, dass man sich auf alles, was auf Gleisen fährt, nicht hundertprozentig verlassen kann - und staunen wieder darüber, dass es zu Verspätungen kommt. Wäre diesen Menschen damit geholfen, wenn Wikileaks mal ein paar Dokumente über den Winter veröffentlichen würde? Wenn man also im Internet nachlesen könnte: "Im Winter ist es bitterkalt - ein Zustand, der die Menschen hilflos macht."

Manche Menschen macht der Winter auch offenbar dumm - oder sie waren es schon vorher und der Winter legt es nur schonungslos offen, denn Kälte bedeutet ja zum Glück auch Klarheit. Die Menschen von der Fifa beispielsweise. Vielleicht sind die gar nicht korrupt. Vielleicht frieren die bloß etwas exklusiver als der Rest der Menschheit und haben deshalb die Fußballweltmeisterschaft 2022 an Katar gegeben. In Katar hat es über 40 Grad im Sommer, alte dicke Männer sollten da eher nicht frieren.

Ich friere ja mehr so innerlich, zum Beispiel, wenn die Bild-Zeitung meint, ihren Lesern erklären zu müssen, welche Gäste man in Talkshows nicht mehr sehen will - und welche Gäste aber ganz unbedingt häufiger zu Talkshows eingeladen werden müssten. Für die bei "Bild", die vom Fernsehen anscheinend noch weniger Ahnung haben als vom Leben, sind Menschen wie Thilo Sarrazin, Stephanie zu Guttenberg, Ina Müller und Eckart von Hirschhausen in deutschen Talkshows - Achtung! - unterrepräsentiert.

Im Berliner Einzelhandel sind seit gestern übrigens Schlitten und Winterstiefel für Kinder unterrepräsentiert. Gibt es nicht mehr. Ausverkauft. Nicht auf Lager. Vielleicht aber bestellt der Berliner Einzelhandel von solchen Waren auch nur geringe Mengen, denn der Einzelhandel weiß: im Winter kommt man als Berliner mit öffentlichen Verkehrsmitteln eh nirgendwo hin. Da bleibt man besser zu Hause. Und muss dann Talkshows kommen, in denen sich zu Guttenberg, von Hirschhausen, Müller und Sarrazin über die Korruption bei der Fifa unterhalten.

Wann wird's mal wieder richtig Sommer?

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