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Meinung: Deutsche Bahn: Ausgeheizt

Bahnfahren ist ganz einfach. Wer in A in den Zug steigt, weiß in der Regel, wie die Fahrt verläuft und wann er in B ankommen wird.

Bahnfahren ist ganz einfach. Wer in A in den Zug steigt, weiß in der Regel, wie die Fahrt verläuft und wann er in B ankommen wird. Auch Bahnchef Hartmut Mehdorn weiß, wo er hin will: zur gewinnbringenden und damit börsenfähigen Bahn AG. Doch so einfach wie eine Zugfahrt ist dieser Weg nicht. Egal, was Mehdorn zur Zeit vorschlägt, überall schlägt ihm Widerstand entgegen - nicht nur beim neuen Preissystem.

Mehdorn muss einen Zug aus dem Sumpf ziehen, den er nicht auf die Reise geschickt hatte. Dass große Teile des Netzes heute modernisierungsbedürftig sind und desolate Gleisanlagen die Züge zum Langsamfahren zwingen, liegt vor allem an früheren Bundesregierungen. Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) hat 1994 zwar die überfällige Bahnreform auf den Weg gebracht, aber dann ließ der Bund sein reformiertes Unternehmen im Regen stehen. Die Bahn erhielt aus der Bundeskasse wesentlich weniger Geld, als zugesagt worden war. Wettbewerbsfähiger wurde sie dadurch gewiss nicht.

Jetzt erhält die Bahn durch die unerwarteten UMTS-Milliarden immerhin eine zweite Chance. Nun soll auch das vorhandene Netz saniert werden. Doch welches Netz will die Bahn überhaupt noch betreiben? Mehdorn würde sich am liebsten auf den Schnellverkehr zwischen den Ballungsräumen konzentrieren, wo dann alle 30 Minuten ein ICE über die - sanierten - Schienen flitzen würde.

Im Regionalverkehr will die Bahn dagegen mit mittelständischen Unternehmen kooperieren. Dort muss sie sich auch bereits dem Wettbewerb stellen. Zahlreiche Strecken hat sie bereits an Konkurrenten verloren, die ein günstigeres Angebot abgegeben haben. Bei Strecken, die an Konkurrenten gehen könnten, wird sich die Bahn aber hüten, vorher noch Millionenbeträge zu investieren. Auch deshalb ist Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) auf dem richtigen Weg, wenn er das Netz aus dem Bahnkonzern herauslösen will.

Mit ihren Strecken ist die Bahn nämlich selbst bisher nicht sonderlich pfleglich umgegangen. In Thüringen hat sie eine marode Strecke, die aus baulichen Gründen stillgelegt wurde, trotz mehrfacher Aufforderung des aufsichtsführenden Eisenbahn-Bundesamtes und der Landesregierung nicht saniert. Und in Brandenburg stellte sie eine Strecke, auf der das Land den Betrieb bestellt und bezahlt hatte, einfach ein. Dort muss sie jetzt wieder Züge fahren lassen.

Auch beim Trassenpreis hat die Bahn inzwischen, wenn auch nicht ganz freiwillig, nachgegeben und räumt den Konkurrenten nun die gleichen Konditionen ein. Vorher gab die Bahn sich selbst als dem Großkunden bei der Schienennutzung einen Mengenrabatt, was die kleineren Konkurrenzunternehmen benachteiligte.

Mehdorn hat es angesichts solcher Beispiele schwer, überzeugend zu begründen, warum das Netz und der Betrieb untrennbar sein sollen. Sicher sind beide derzeit eng verzahnt, doch was schon immer so war, muss noch lange nicht zwangsläufig auch so bleiben.

Bei den Tarifen macht es der Bahnchef derzeit selbst vor. Sein neues Preissystem soll der große Wurf werden und mehr Kunden in die Züge bringen. Es hat aber auch seine Tücken. Wenn unter dem Strich mehr Geld in die Kasse kommen soll, wird es auch Fahrgäste geben, die erheblich mehr bezahlen müssen als heute; vor allem für kürzere Strecken.

Richtig ist auch, dass die Bahn Stellen abbaut, die nicht mehr benötigt werden. Wenn Züge wartungsärmer werden, braucht die Bahn auch nicht mehr so viele Werkstätten, so bitter das für die Beschäftigten ist. Den Heizer auf der Elektrolok kann sich die Bahn nicht leisten. So einfach ist das.

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