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Meinung: Deutsche Bahn: Die alte Unübersichtlichkeit

Schlechte Nachrichten für Schnäppchenjäger auf dem Gleis: Schon in drei Wochen will die Bahn AG nur noch eine begrenzte Anzahl von Plätzen zum Fahrpreis von 59 Mark zur Verfügung stellen. Wer in Zukunft nachts mit dem Guten-Abend-Ticket preiswert durch Deutschland fahren will, muss sich rechtzeitig für seine Fahrtroute und die Reisezeiten entscheiden.

Von Antje Sirleschtov

Schlechte Nachrichten für Schnäppchenjäger auf dem Gleis: Schon in drei Wochen will die Bahn AG nur noch eine begrenzte Anzahl von Plätzen zum Fahrpreis von 59 Mark zur Verfügung stellen. Wer in Zukunft nachts mit dem Guten-Abend-Ticket preiswert durch Deutschland fahren will, muss sich rechtzeitig für seine Fahrtroute und die Reisezeiten entscheiden. Schnell entschlossene Bahnkunden hingegen laufen Gefahr, tiefer in die Geldbörse greifen zu müssen.

Die Rationierung der vor allem bei jungen Bahnfahrern beliebten Preiswerttickets läutet ein vollkommen neues Tarifsystem bei der Bahn ein. Ähnlich wie im Flugverkehr sollen in Zukunft solche Kunden, die sich frühzeitig für eine bestimmte Zugverbindung entscheiden können, Rabatte erhalten. Wer hingegen kurzfristig mit dem Zug fahren will, muss den vollen Preis zahlen.

Zwar sind die Details der geplanten Tarifveränderungen noch immer nicht klar - frühestens für den Sommer hat die Bahn umfassende Information angekündigt. Was das Unternehmen mit der weitreichenden Tarifreform erreichen will, steht allerdings schon jetzt fest: Wirtschaftlichkeit soll mit besserem Service verbunden werden. Aus der Sicht der Bahn ist dieser Schritt völlig verständlich. Denn es macht wirklich keinen Sinn, am Sonntag Nachmittag leere Waggons durch Deutschland zu schicken, während sich am frühen Abend Fahrgäste mit preiswerten Tickets um Stehplätze streiten müssen. Der Bahn muss es, wenn sie in Zukunft wettbewerbsfähiger werden will, nicht nur gelingen, ihre Züge besser auszulasten. Sie muss ihren Fahrgästen auch das Gefühl nehmen, nur eine Beförderungseinheit zu sein. Attraktive Zugverbindungen zu Spitzenzeiten durch ein nachfrageorientierteres Tarifsystem von Überfüllung zu befreien, kann dafür der richtige Weg sein. Wer hingegen eine Fahrleistung zum Billigtarif haben will, der wird - wie es sonst auch üblich ist - Einschränkungen hinnehmen müssen. Und wenn es nur die ist, einen Zug später zu nehmen oder sich zwei Wochen vor der Reise um eine Fahrkarte zu kümmern.

Ob das neue Tarifsystem in letzter Konsequenz mehr Menschen dazu ermuntern kann, statt Auto oder Flugzeug Bahn zu fahren, wird sich erst Monate oder Jahre nach dessen Einführung erweisen. Die ersten Zweifel am Erfolg werden jedoch schon jetzt laut. Wieder einmal gelingt es Deutschlands größtem Verkehrsunternehmen nicht, seinen Kunden ein transparentes Angebot vorzulegen. Erst vage Ankündigungen vom Inhalt des neuen Tarifsystems, dann Vermutungen über die künftigen Rabatte der Bahncard, nun die Überraschungen mit dem Guten-Abend-Ticket. Von einer Serviceoffensive keine Spur.

Zudem bietet die Bahn ihren Fahrgästen im Gegensatz zum Flugzeug bis heute ein weit größeres Maß an Flexibilität. Keine langfristigen Buchungen der Tickets, keine umfangreichen Recherchen, zu welcher Tageszeit man mit welcher Flugverbindung am preiswertesten von Berlin nach München kommt. Wer sich jetzt dazu entscheidet, in den Zug einzusteigen, der löst eine Fahrkarte, und los gehts.

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