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Der Euro ist in Gefahr. Deutschland kann das Problem nicht alleine lösen.

© dpa

Eurorettung: Deutschland kann Europas Last nicht tragen

Griechenland wird auch morgen kein praktikables Geschäftsmodell haben. Je eher ein politisches Gesicht auch in Deutschland eine politische Alternative zur finanzpolitischen Dauerrettung aufzeigt, umso besser für die Demokratie.

Man kann es drehen und wenden, wie man will. Mit den Brüsseler Beschlüssen ist die Transferunion Realität. Denn was ist es schließlich anderes, wenn der EU-Rettungsfonds künftig mit europäischen Hilfsgeldern Anleihen von Krisenländern aufkaufen und sich für neue Anleihen verbürgen kann? Nimmt man noch die lange Laufzeit der Notkredite von bis zu 30 Jahren und die verbilligten Zinsen hinzu, so geschieht genau das, was die Bundeskanzlerin bisher ausgeschlossen hat: die Vergemeinschaftung von Risiken und Schulden.

Indem Europa die Rettung des Euro in seiner gegenwärtigen Gestalt wie im Umfang für alternativlos erklärt, bleibt den Europäern gar nichts anderes übrig, als jetzt Griechenland und später Portugal und vielleicht auch einmal Spanien oder Italien zu retten. Nun könnte man das Ganze mit dem Satz abtun, dass unsere Exportindustrie davon am meisten profitiert, wenn die gemeinsame Währung stabil und krisenresistent funktioniert, wären da nicht die Gefahren von Ansteckung und Nachahmung. Denn weshalb, so werden sich viele fragen, sollen sie Wirtschaft und Haushalt in Ordnung bringen, wenn am Ende doch andere dafür aufkommen müssen, dass man selbst die Hausaufgaben nicht gemacht hat?

Es ist lächerlich, ausgerechnet in Gelddingen an das Gute im Menschen zu glauben. Schließlich gilt auch in der Politik: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt man gänzlich ungeniert. Indem die Kanzlerin dazu die Hand reicht, dass die Schwüre von gestern zu toten Buchstaben verkümmern, hat sie – gegen ihren Willen – die Axt an die Gemeinschaftswährung gelegt. Zu Beginn mag das Durchwursteln funktionieren, zumal die Kleinen nicht das wirtschaftliche Gewicht haben, die Zahlungsfähigkeit des deutschen Steuerzahlers in Gefahr zu bringen, am Ende wird auch Deutschland die Last nicht tragen können, die ihm in Brüssel prospektiv aufgeladen wurde.

Stoppen kann das Ganze jetzt nur noch das Bundesverfassungsgericht. Die Parteien haben längst abgedankt. CDU, SPD und Grüne überbieten sich in Europa-Rhetorik und die FDP, die von Natur und Parteigeschichte her die Hüterin des Geldes sein müsste, hat sich mit ihrer misslungenen Steuersenkungskampagne selbst aus dem Spiel genommen. Man muss kein Hellseher sein, um dem jetzt gefeierten Rettungsprogramm eine geringe Halbwertzeit zu prophezeien. Denn auf Dauer werden es die Regierten nicht hinnehmen, dass die Regierungen ein Europa bauen, in dem einzelne Länder andere auf immer und ewig finanzieren. Und Griechenland wird auch morgen kein praktikables Geschäftsmodell haben.

Je eher ein politisches Gesicht auch in diesem Lande eine politische Alternative zur finanzpolitischen Dauerrettung aufzeigt, umso besser für die Demokratie. Es ist bei Sarrazin nicht gelungen, ein Thema dauerhaft der politischen Inkorrektheit zuzuschlagen, es wird auch mit Europa nicht gelingen. Denn Wege in den Morast sind – entgegen den Bekundungen von Angela Merkel – nie alternativlos. Schließlich war Europa immer schon mehr als ein kriselnder Währungsverbund.

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