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Meinung: Dialektischer Manierismus

Die PDS zieht in den Kampf gegen alles – mit einer Vorsitzenden, die genau zu ihr passt

Von Lorenz Maroldt

Eigentlich klingt das doch vernünftig, was die PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer ihren Genossen da vorgeschlagen hat: radikale Opposition, möglichst weit weg von der SPD – ja, was denn sonst? Opposition versteht sich doch von selbst, und zwar: außerparlamentarische Opposition. Eine Partei, die von zu wenigen gewählt, weil nicht wirklich gebraucht wird, kann eben auch nicht regieren; nicht mal dann, wenn sie eventuell wollen würde.

Und Abstand zur SPD – na, da gibt es erst recht keine Alternative. Wie könnte sich eine Partei wohl sozialdemokratisieren, deren große Mehrheit damit Verweichlichung und Verrat verbindet? Die sich nicht als Kraft zur gesellschaftlichen Gestaltung, sondern zur eigenen Erhaltung versteht? Die nach Gysis pomadigem Abmarsch fast niemanden mehr hat, der sonntags Christiansen heil übersteht? Sogar die Basis der PDS hat’s verstanden: Gabi Zimmer – die ist für sie schon die Beste. Aus ihrer Partei kann ja doch nichts mehr werden, wozu braucht’s da noch einen fähigen Chef? So viel Realismus, der aus Irrsinn erwächst – wenn das mal nicht dialektischer Manierismus ist.

Die selbst ernannten Reformer, unter denen es ja auch einige echte gibt, wenden sich ab mit Grausen, verzichten sogar, wie Petra Pau und Dietmar Bartsch, trotzig, enttäuscht und freiwillig auf Ämter, so dass jetzt fast der gesamte neue Vorstand hinter Frau Zimmer von vorgestern ist. Auch ein Weg, ein schneller sogar – hin zur vollständigen Bedeutungslosigkeit.

An dieser Stelle könnte man sagen: Alles Weitere geht uns nichts mehr an, das ist jetzt Sache der Rest-PDS. Aber ganz so einfach ist das dann doch nicht, denn der Weg ins politische Nichts führt, unter anderem, auch durch Berlin. Hier regieren die lokalen Sozialisten mit, und zwar, wie man spätestens seit den Tagen von Gera weiß: gegen den erklärten Willen von Basis und Führung. Das macht das Regieren, einerseits, leichter für die hiesige PDS: Rücksicht nehmen müssten die Berliner Reformer, in Gera brutal gescheitert, jetzt eigentlich nicht mehr auf die Traditionalisten. Aber sie wiegen, andererseits, politisch alleine viel weniger als zusammen mit der Bundespartei. Die Berliner PDS muss sich also neu orientieren: sich der SPD so weit öffnen, dass nicht mehr viel übrig bleibt von ihr selbst? Oder sich mit Koalitionskrawall das Wohlwollen der Zimmer–Truppe erhaschen?

Die Berliner PDS besteht übrigens nicht allein aus Reformern. Die Kommunistin Sahra Wagenknecht, nur so zum Beispiel, wurde wieder in den Bundesvorstand gewählt. Sie wird das als Auftrag verstehen. Das könnte noch ungemütlich werden – auch für die SPD, auch für Berlin.

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