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Ist ein schneller Ausstieg aus der Atomenergie möglich?

© dpa

Die Energiewende: Keine Angst vor dem Atomausstieg

Einen raschen Atomausstieg könne sich kein Bürger leisten, sagen diejenigen, die am bisherigen Mix gut verdienen. Solche Worte können lähmend wirken. Doch mit Courage lässt sich vieles wenden, zum Guten.

Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Eine Banalität? Gerade wird wieder einmal versucht, damit Politik zu machen, in diesem Fall mit den Kosten der Energiewende. Einen raschen Ausstieg aus der Atomenergie könne sich kein Bürger und auch nicht die energieintensive Industrie leisten, sagen nicht nur die, die am bisherigen Mix ganz gut verdienen. Solche Worte können lähmend wirken. Die meisten Bürger rechnen längst; denn ständig signalisiert ihnen die Politik, dass das nächste Gut, das sie zum Leben brauchen, teurer wird, die Gesundheit, die Altersvorsorge, das Wohnen. Nun also die Energie. Verantwortungsvolle Politik muss das in diesen Tagen der hitziger werdenden Debatte umso mehr beachten. Die Menschen müssen ihr Leben bezahlen können – und die Industrie muss um der Menschen willen überleben können. Das beides zusammenzudenken, ist bestimmt keine Banalität.

Aber von welchen Kosten ist die Rede? Kostet die Energiewende jeden Haushalt 1,50 Euro mehr im Monat, wenn man die Zahlen von Wirtschaftsminister Brüderle zugrunde legt, auf deren Basis der Grüne Trittin rechnet? Oder werden sich die Milliarden, mit denen gegenwärtig jongliert wird, fünf oder noch mehr Euro ausmachen? Nicht zuletzt, wenn die Firmen auf jede Dose und jedes Fahrrad ein paar Euro aufschlagen, weil Energie teurer wird? Richtig ist: Niemand kann das im Moment schon sagen. Konsens ist bisher, dass die Atomkraft in Deutschland keine Zukunft hat. So weit, so klar. Und doch geht es von jetzt an ums Konkrete der Energiewende. Bis wann auf welche Energieträger umgestellt wird, wie viele Kilometer Stromtrassen gebaut werden müssen, um Haushalten Energie von Windrädern zu bringen – solche Fragen müssen für eine gute Zukunft schneller als gedacht beantwortet werden.

Es gibt durchgerechnete Energiekonzepte. Nicht erst seit dem Moratorium nach dem Atomdesaster in Japan machen sich Experten Gedanken. Sie gehen allerdings oft von interessengelenkten Annahmen aus. Anstatt nun parteipolitische und Lobbyarbeit zu betreiben, muss in Deutschland die Debatte über die Details breit geführt werden; so wird Sachverstand gesammelt. Angesichts des Atomausstiegskonsenses kann das gelingen. Selbst wenn es nach dem Paukenschlag des Moratoriums nicht mehr mit kleinen Korrekturen getan sein wird.

Die Phase der Vergewisserung beginnt. Dazu zählt, wie viel jedem von uns die Wende wert ist. Dass es nicht jeden trifft wie den anderen – dafür hat die Politik Steuerungsinstrumente. Die nutzt sie ja schon heute. Energieintensive Firmen wurden von der Ökosteuer ausgenommen, Menschen mit geringen Einkommen können Hilfe bekommen. McKinsey berechnete 2010, die Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2050 würde genauso teuer wie der heutige Mix mit viel atomarer und fossiler Energie. Erkleckliche Einsparungen sind möglich, schon ohne dass alle ihr Leben auf den Kopf stellen. Gedämmte Häuser verbrauchen unendlich viel weniger Energie, das kann höhere Preise wettmachen.

Erinnern wir uns an den erbitterten Streit ums Dreiliterauto vor noch gar nicht so vielen Jahren: völliger Unsinn, niemand will sie kaufen, viel zu teuer. Heute begnügen sich zwar noch nicht alle Autos mit drei Litern, aber die Entwicklung verschafft den Firmen, die sparsame Autos anbieten, Vorteile. Nun, deutsche Sonnenkollektoren verkaufen sich schon gut, daran hängen bereits Arbeitsplätze. Das lehrt: Mit Courage lässt sich vieles wenden, zum Guten.

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