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Meinung: Die Geheimnisträger Von Frank Jansen

Sie haben es wieder geschafft, die Republik in eine schwierige, auch verstörende Debatte zu treiben. Als mordende Mitglieder der „Roten Armee Fraktion“ forderten Peter-Jürgen Boock und seine „Genossen“ den Rechtsstaat so massiv heraus, dass er sich seiner Grenzen im Kampf gegen das politisch motivierte Verbrechen nicht mehr sicher war.

Sie haben es wieder geschafft, die Republik in eine schwierige, auch verstörende Debatte zu treiben. Als mordende Mitglieder der „Roten Armee Fraktion“ forderten Peter-Jürgen Boock und seine „Genossen“ den Rechtsstaat so massiv heraus, dass er sich seiner Grenzen im Kampf gegen das politisch motivierte Verbrechen nicht mehr sicher war. Heute gelingt es Boock und weiteren Ehemaligen der vor neun Jahren aufgelösten RAF, einen Streit über die Deutungshoheit über einzelne Tatkomplexe auszulösen. Das betrifft vor allem die Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback im April 1977. Ein später Erfolg der RAF? Bei den vielen neuen Geschichten, die jetzt erzählt werden, erscheint Skepsis geradezu zwingend.

Boock hat Bubacks Sohn nahegebracht, dessen Vater sei nicht von Christian Klar erschossen worden. Seit dem Wochenende geistert auch die mutmaßliche Aussage der Ex-Terroristin Verena Becker aus den frühen 80er Jahren durch die Medien, wonach RAF-Mann Stefan Wisniewski in Karlsruhe auf Buback und dessen zwei Begleiter feuerte. Außerdem wird nun bekannt, die einst in der DDR untergetauchte RAF-Frau Silke Maier-Witt habe 1990 dem Bundeskriminalamt gesagt, der als einer der Mörder Bubacks verurteilte Knut Folkerts sei am Tattag in Holland gewesen. Viel Stoff für Spekulationen, Zweifel, Vorwürfe.

Und dieser Wust bläht sich in Medien und Politik mit jedem Tag weiter auf – obwohl die Fakten überhaupt nicht geklärt sind. Wer weiß denn außer den einstigen RAF-Leuten selbst, welche ihrer Angaben komplett, halb oder gar nicht stimmen? Die Sicherheitsbehörden können diese Fragen nicht beantworten, vielleicht wollen sie auch nicht alles sagen. Ob die Medien der Wahrheit am nächsten sind, bleibt zweifelhaft. Und es wäre klüger gewesen, Michael Buback hätte Boocks Erzählung weitergeleitet, ohne sie mit der Forderung nach Gnade für Christian Klar als glaubwürdiges Indiz „aus dem RAF-Bereich“ zu veredeln.

Das heißt nicht, Klar hätten die jetzt vom Landgericht Karlsruhe gewährten Hafterleichterungen verwehrt werden sollen. Alle Häftlinge haben Rechte. Und Freigelassene sind Mitbürger. Doch keiner aus der RAF kann uns Wahrheit diktieren.

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