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Meinung: Die Geister wollen nicht weichen

Westerwelle macht Pinkwart zum FDP-Vorsitzenden in NRW – aber der Möllemannismus bleibt

Ein Neuanfang war die überraschende Wahl von Andreas Pinkwart zum neuen FDP-Vorsitzenden in Nordrhein-Westfalen nicht. Pinkwart ist zwar immer schon gegen Jürgen Möllemann gewesen, das allein reicht als programmatische Aussage aber kaum aus. Zudem hat sich Pinkwart jener Methoden bedient, die man von Möllemann schon kannte: Da wurde offenbar in kleinem Kreis vorbereitet, was man dem staunenden Parteitag dann als Überraschung präsentierte. Bis zum Vortag hat Pinkwart den Kandidaten Köster unterstützt, obwohl er insgeheim seine eigene Bewerbung längst geplant hatte. Dann ließ er sich selbst aufs Podest heben.

Dass die Mehrheit der Delegierten sich auf ein solch fragwürdiges Spiel eingelassen hat, sagt viel über den Zustand der FDP aus. Es herrscht Orientierungslosigkeit. Auf früheren Parteitagen wurde Guido Westerwelle bejubelt, wenn er für das Projekt 18 warb. Die Delegierten feierten auch den Erfinder dieser Strategie, Jürgen Möllemann. Da war die FDP offenbar schon von dem Geist erfasst, der sie bis heute nicht losgelassen hat. Wer den Parteitag der Liberalen im größten Bundesland, in Nordrhein-Westfalen, nun beobachtete, musste feststellen: Seine Ausflüge in den rechten Populismus haben tiefere Spuren hinterlassen, als es Guido Westerwelle und seinem Chefaufklärer Günter Rexrodt heute lieb ist.

Da will einer „die Reihen fest geschlossen“ halten und merkt gar nicht, woran das erinnert, da erkennt ein anderer unter Beifall aus dem Publikum bis heute nicht, warum das Faltblatt antisemitische Gefühle weckte; ja, der Mann schreckt nicht einmal davor zurück, Paul Spiegels Einfluss auf das FDP-Präsidium zu geißeln sowie Westerwelle zu unterstellen, er handle fremdbestimmt. Jamal Karsli, der Kurzzeit-Liberale, hätte an dieser Stelle hinzugefügt, was der Redner meinte: fremdbestimmt von der jüdischen Lobby.

Natürlich hat Westerwelle diesem Parteifreund später heftig widersprochen. Doch das kann über eines nicht hinwegtäuschen: Westerwelle hat – nach einigem Zögern – mächtig auf die Strategie 18 gesetzt. Und da muss man ihn fragen: Woher sollten die 18 Prozent denn kommen? Bei dem bekannten Publikum der Liberalen waren die jedenfalls nicht zu holen. Das ging eben nur mit der Methode Möllemann: dem kalkulierten Tabubruch. Möllemann hat mit einem Hitlerbild Wahlkampf gemacht, ohne dass ihn die Parteiführung bremste. Er hat Jamal Karsli in die Partei geholt – und diesen Coup sogar mit Westerwelle abgesprochen. Erst als sich massiver öffentlicher Widerstand regte und sich die Ehrenvorsitzenden einschalteten, schlug sich Westerwelle in die Büsche.

Westerwelle hat also nicht nur toleriert, sondern gefördert, dass es Ausflüge in den Populismus gab. Mag sein, dass er den rechten Populismus so dann doch nicht wollte. Aber er hat ihn viel zu lange hingenommen. Der Parteitag in Düsseldorf hat gezeigt, dass mindestens ein Drittel der Delegierten nicht begriffen hat, dass eine liberale Partei ihre Grundwerte verrät, wenn sie diese Grenze verwischt.

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